WIESBADEN (dpa-AFX) - Der Kohlefaserspezialist SGL Carbon
Das Papier stieg am Vormittag an der SDax-Spitze um zwölf Prozent auf 6,62 Euro. Seit dem Hoch im vergangenen Sommer war es zuvor deutlich bergab gegangen, von fast elf Euro Anfang August rutschte der Kurs nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine bis auf teils unter fünf Euro. Demnächst wird die Aktie des Kohlefaserspezialisten aus dem SDax ausscheiden.
Dazu hatte auch beigetragen, dass sich das Management um Konzernchef Torsten Derr bisher eher zurückhaltend geäußert hatte. Hohe Energie- und Transportpreise hatten den im März veröffentlichten Ausblick spürbar verdüstert.
Die Mehrkosten für Energie und Transport zumindest zum Teil an die Kunden weiterzureichen, hatte das Unternehmen zwar auch da schon angepeilt. Offenbar funktionierte das im Umfeld hoher Teuerung aber nun besser als zuvor gedacht. Die Geschäftsentwicklung sei in allen vier Bereichen gut und gestiegene Kosten für Rohstoffe, Energie und Transport hätten "weitestgehend erfolgreich" weitergegeben werden können, hieß es nun.
So kommt es, dass sich die Aussichten merklich aufgehellt haben. Beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sonderposten erwartet das Management 130 bis 150 Millionen Euro statt nur im besten Fall 130 Millionen. Damit könnte SGL Carbon auch wieder den Vorjahreswert von 140 Millionen erreichen. Inklusive Abschreibungen sollen es jetzt 70 bis 90 Millionen Euro bereinigte operativer Gewinn sein, bislang standen nur 50 bis 70 Millionen im Plan.
Der Umsatz wird wohl entgegen den bisherigen Planungen nicht mehr nur auf dem Vorjahresniveau von gut einer Milliarde Euro liegen, sondern auf 1,1 Milliarden ansteigen. Beim freien Geldmittelzufluss rechnet SGL aber nach wie vor mit einem deutlichen Rückgang zum Vorjahreswert. Die mittelfristigen Ziele für das Jahr 2025 bleiben bestehen.
Wegen des laufenden Konzernumbaus betrachtet SGL Carbon 2022 als "Stabilisierungsjahr". Die Wiesbadener haben schwierige Zeiten hinter sich. Strukturelle Veränderungen in wichtigen Branchen wie Automobil und Luftfahrt machten dem Konzern zu schaffen. Dazu wurden 2019 Planungsfehler bekannt, und das Unternehmen musste seine mittelfristigen Ambitionen begraben.
Nach drei Verlustjahren schrieb SGL 2021 erstmals wieder schwarze Zahlen. 2020 lastete die Corona-Pandemie schwer auf den Geschäften. Im Herbst 2020 kündigte der neue Chef Derr ein umfangreiches Sparprogramm an - unter anderem sollte jede zehnte Stelle gestrichen werden. Mit dem gesamten Programm werden Ergebnisverbesserungen von über 100 Millionen Euro pro Jahr bis zum Jahr 2023 angepeilt.
SGL beschäftigt rund 4700 Mitarbeiter. Der Konzern stellt Kohlenstofffasern für die Anwendung als Verbundwerkstoffe oder in Textilien her und fertigt Spezialteile aus Kohlenstoff- oder Glasfasern. Daneben sieht sich das Unternehmen als führender Anbieter für Spezialgraphite. Außerdem ist SGL Carbon im Anlagenbau für die Industrie tätig./men/mne/jha/