MANNHEIM (dpa-AFX) - Die steigenden Rohstoffpreise und die Folgen des Ukraine-Kriegs hinterlassen auch beim Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub
DAS IST LOS BEI FUCHS PETROLUB:
Für das Unternehmen, das rund 6000 Mitarbeiter beschäftigt, ist vor allem die Auto- und Nutzfahrzeugindustrie wichtig. Mit ihr erzielt Fuchs Petrolub rund 45 Prozent des Konzernumsatzes. Der Umbruch vom Verbrennungsmotor hin zum Elektromotor führt auch bei Fuchs zu Veränderungen. Daneben hat das Unternehmen aber auch Kunden aus Bereichen wie Maschinenbau, Metallverarbeitung, Bergbau, Luft- und Raumfahrt sowie Land- und Forstwirtschaft.
Die Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine und die steigenden Rohstoffkosten machen auch Fuchs Petrolub zu schaffen. Bei Vorlage der Quartalszahlen Ende April wurde der Schmierstoffhersteller deshalb bei seiner Gewinnprognose für das laufende Jahr etwas pessimistischer. Im laufenden Jahr soll der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) nur noch das untere Ende der anvisierten Bandbreite von 360 bis 390 Millionen Euro und damit in etwa das Vorjahresniveau erreichen. Die Erlöse sollen im laufenden Jahr hingegen weiterhin von knapp 2,9 Milliarden auf 3 bis 3,3 Milliarden Euro zulegen.
In den ersten drei Monaten des Jahres kletterte der Umsatz dank höherer Preise um fast 16 Prozent auf 808 Millionen Euro, das operative Ergebnis ging allerdings um acht Prozent auf 93 Millionen Euro zurück. Während das Unternehmen in der Region Nord- und Südamerika etwas mehr verdiente, ging das Ergebnis vor allem wegen der Entwicklung in Deutschland und Südeuropa in der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika (Emea) um ein Zehntel zurück. In der Region Asien-Pazifik sank die Kennziffer um 15 Prozent, was am geringeren Beitrag aus China lag.
Erst jüngst stieg Fuchs Petrolub mit einer Beteiligung von 28 Prozent an der E-Lyte Innovations GmbH in das Batteriegeschäft ein. E-Lyte entwickelt und produziert Flüssig-Elektrolyte, die als wesentlicher Bestandteil von Lithium-Ionen-Batterien unter anderem für die E-Mobilität verwendet werden. Insgesamt investieren die Mannheimer rund acht Millionen Euro in das neue Tätigkeitsfeld. Im nächsten Schritt soll am Standort Kaiserslautern die notwendige Fertigungsinfrastruktur geschaffen werden. Die Produktion soll im Sommer 2023 starten.
Derweil steht bei den Mannheimern ein Personalwechsel bevor. Die bisherige Finanzchefin Dagmar Steinert verlässt das Unternehmen und wird Nachfolgerin des langjährigen Rheinmetall-Finanzchefs Helmut Merch Anfang 2023. Bei Fuchs Petrolub übernimmt ab dem vierten Quartal Isabelle Adelt den Posten. Sie leitet derzeit noch beim Maschinenbauunternehmen Schenck Process die Bereiche Controlling, Risikomanagement und Investor Relations.
Am 28. Juni findet beim Unternehmen ein Kapitalmarkttag statt. Auf dem soll es vor allem Neuigkeiten zu finanziellen Zielen und Wachstumschancen sowie um die Nachhaltigkeitsstrategie gehen.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Die meisten der acht von der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX seit den Quartalszahlen erfassten Analysten zeigen sich für Fuchs Petrolub optimistisch. Während sieben Experten die Aktie zum Kauf empfehlen, gibt es lediglich eine Stimme, die zum Halten des Papiers rät. Das Kursziel liegt im Schnitt bei rund 41 Euro. Aktuell kosten die Papiere knapp 29 Euro.
Nach Einschätzung von Analyst Sebastian Bray von der Berenberg Bank war das erste Quartal des Schmierstoffherstellers von einer besseren Preisentwicklung, aber auch von höheren operativen Kosten und einem niedrigeren Barmittelzufluss (Cashflow) geprägt. Für Analyst Oliver Schwarz vom Analysehaus Warburg Research ist das erste Quartal erwartungsgemäß verlaufen. Wegen des Ukraine-Kriegs, der Russland-Sanktionen und der Lockdowns in China habe das Unternehmen aber seine Ziele geringfügig gekürzt. Im zweiten Quartal seien weitere Effekte dieser Belastungsfaktoren wahrscheinlich.
Der April war für Fuchs Petrolub laut Analystin Isha Sharma von der Investmentbank Stifel ein schwieriger Monat, mit einer unveränderten Situation im Mai, vor allem in China. Sollte sich die Situation normalisieren, schließe das Unternehmen eine V-förmige Erholung nicht aus. Allerdings bleibe die Visibilität gering, so die Expertin. Das direkte Engagement in Russland und in der Ukraine sei begrenzt und mache zwei bis drei Prozent des Umsatzes und operativen Ergebnisses aus. Der indirekte Einfluss des Kriegs auf Wertschöpfungsketten und Gasversorgung in Europa könnte sich sehr viel stärker auf die Nachfrage der Kunden auswirken. Dies gebe Anlass zur Sorge.
Fuchs sei zuversichtlich, die hohen Rohstoffkosten und die generellen Preissteigerungen mit einer Verzögerung von drei bis sechs Monate an seine Kunden weitergeben zu können, so die Stifel-Expertin Sharma. Preisverhandlungen seien aber mit Fahrzeugherstellern aufgrund ihrer Kostensensitivität schwieriger als mit kleinen bis mittelgroßen Kunden. Für rund ein Viertel des Umsatzes habe Fuchs Preisänderungsklauseln. Diese mussten laut Sharma aufgrund des beispiellosen Anstiegs der Rohstoffkosten neu verhandelt werden.
Im Allgemeinen sind die Kunden in der Schmierstoffindustrie nach Einschätzung der Analystin treu. Deshalb hoffe das Unternehmen, die Preise auf einem hohen Niveau halten zu können. Dies sollte sich in einer höheren Rentabilität niederschlagen, sobald sich die Rohstoffkosten normalisierten.
Im laufenden Jahr dürfte nach Einschätzung von Axel Herlinghaus von der DZ Bank das Unternehmen die stark eingeschränkte Vorhersehbarkeit bei den Kosten und die negativen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs zu spüren bekommen. Zuletzt seien die Lieferketten aufgrund der Lockdowns in China in Gefahr geraten. Sobald die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen überwunden seien, dürfte Fuchs Petrolub dann aber endlich die Früchte seiner Investitionen von 2016 bis 2020 ernten.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Für die Aktien des Schmierstoff-Herstellers gab es schon bessere Zeiten. Seit dem Zwischenhoch von 49,70 Euro Anfang 2021 geht es für die im MDax notierten Vorzugspapiere Papiere bergab.
Nachdem sich Fuchs Petrolub etwas vorsichtiger für das laufende Jahr zeigte und einen Wechsel im Finanzvorstand bekanntgab, rutschte die im MDax notierte Vorzugsaktie Ende Mai auf ein Jahrestief von 26,60 Euro. Damit haben Fuchs-Papiere seit Januar 2021 fast die Hälfte verloren und blieben nur knapp über dem Corona-Tief vom März 2020, bevor sie sich zuletzt etwas stabilisierten. Derzeit wird das Unternehmen insgesamt (Vorzugsaktien plus Stämme) an der Börse mit gut 3,7 Milliarden Euro bewertet.
Auch für Aktionäre, die schon länger in Fuchs-Petrolub-Papiere investiert sind, gibt es wenig Anlass zur Freude. Seit dem Rekordhoch bei fast 52 Euro im Sommer 2017 hat der Kurs 45 Prozent verloren. Seit Ende 2012 gab es für Anleger, die ihre Anteile gehalten haben, de facto nichts zu verdienen./mne/ag/men/he