FRANKFURT (dpa-AFX) - Übernahmespekulationen haben am Mittwoch die Erholung der Gerresheimer-Aktien
Der US-Finanzinvestor Bain Capital habe Gerresheimer in den vergangenen Wochen eine Übernahmeofferte unterbreitet, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Offerte habe aber die hohen Preiserwartungen des Unternehmens nicht erfüllt. Auch die Turbulenzen auf dem Kreditmarkt, ausgelöst unter anderem durch steigende Zinsen, erschwerten die Möglichkeiten für Firmenkäufe durch Finanzinvestoren. Gerresheimer und Bain hätten keine Stellungnahme zu dem Bericht abgeben wollen, hieß es weiter.
Über die Höhe des Preises sei derweil noch nichts bekannt, betonte ein Börsianer. Ein anderer ergänzte, Gerresheimer stehe kurz davor, dauerhaft ein Umsatz- und bereinigtes Gewinnwachstum (Ebitda) im hohen einstelligen Prozentbereich zu erwirtschaften. Zudem dürften sich die aktuell noch hohen Investitionsquoten ab dem nächsten Jahr verbessern, und die Aktien seien derzeit deutlich unter dem fünfjährigen Durchschnitt bewertet. "Das Missverhältnis zwischen fundamentalen Verbesserungen und Bewertung macht das Unternehmen zu einem Übernahmekandidaten", resümierte der Marktbeobachter.
Der Experte Oliver Reinberg vom Analysehaus Kepler Cheuvreux äußerte sich ähnlich: Trotz einer "schwachen" Barmittelgenerierung und einer hohen Nettoverschuldung im Verhältnis zum Ebitda könnte Gerresheimer Bieter anziehen, weil das stabile Geschäftsmodell eine weitere Schuldenaufnahme ermögliche, um so die Eigenkapitalrendite zu erhöhen und die Finanzierung von Investitionen zu erleichtern.
Den Bloomberg-Kreisen zufolge arbeitet Gerresheimer bereits seit Jahren mit einem Berater zusammen, um auf Übernahmeangebote vorbereitet zu sein. Wegen der beiden unterschiedlichen Sparten gilt das Unternehmen schon seit langem als Top-Kandidat für eine Aufspaltung.
Laut Reinberg wäre eine Aufspaltung des Konzerns zwar schwierig, da mehrere Produktionsstätten verschiedene Kunden beliefern würden. Der Hersteller von Kunststoffverpackungen für verschreibungspflichtige, orale Medikamente Centor und das Schweizer Technologieunternehmen Sensile Medical aber könnten noch "am leichtesten" abgetrennt werden.
Reinberg zufolge bleiben der Ukraine-Krieg und seine wirtschaftlichen Auswirkungen ein Risiko für die Aktien von Gerresheimer. So schließt der Experte ein Szenario nicht aus, in dem Russland Deutschland von der Erdgasversorgung abschneidet. Die Düsseldorfer sind bei ihrer Produktion auf diesen Rohstoff angewiesen.
Der eskalierende Krieg in der Ukraine und die Furcht vor einer Rezession bei gleichzeitiger Inflation haben die Aktienmärkte zu Beginn des Jahres auf Talfahrt geschickt, die ihren vorläufigen Tiefpunkt am 7. März hatte. Doch während der MDax seitdem unter dem Strich kaum vom Fleck gekommen ist, haben sich Aktien von Gerresheimer vom Zwischentief um rund 35 Prozent erholt.
Auch das Chartbild hat sich durch den Kurssprung nun schlagartig verbessert. So notieren die Aktien mittlerweile über allen wichtigen Durchschnittslinien, die kurz-, mittel- und langfristige Trends beschreiben./la/ajx/jha/