(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz zu Kostensteigerungen und Auswirkungen auf Ziele für 2024, aktualisierte Kursreaktion, Analystenstimme)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Commerzbank
Für die Commerzbank-Aktie ging es nach anfänglichen Irritationen aufwärts. Am frühen Nachmittag lag sie mit einem Kursanstieg von rund anderthalb Prozent auf 6,842 Euro im Mittelfeld des MDax
Im zweiten Quartal verdiente die Commerzbank unter dem Strich 470 Millionen Euro und damit 100 Millionen mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Ein Jahr zuvor hatten hohe Kosten für Stellenabbau und Filialschließungen das Institut mit 527 Millionen Euro tief in die roten Zahlen gerissen.
Dass es diesmal so gut lief, verdankte die Bank einem kräftigen Anstieg der Einnahmen: Dank deutlicher Zinssteigerungen etwa in Polen legten die Erträge im Jahresvergleich um 30 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro zu.
Unterdessen legte das Geldhaus 106 Millionen Euro für mögliche Kreditausfälle zurück, gut ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Belastungen im Zusammenhang mit dem russischen Krieg in der Ukraine summierten sich den Angaben zufolge auf 228 Millionen Euro. Unterdessen reduzierte die Bank ihre Russland-Risiken bis Mitte Juli der Mitteilung zufolge um 45 Prozent auf netto 1,02 Milliarden Euro.
Trotz der wirtschaftlichen Verwerfungen hat die Commerzbank in den ersten sechs Monaten damit bereits 768 Millionen Euro verdient. Das entspricht rund drei Vierteln des angepeilten Jahresgewinns. Neben dem Krieg in der Ukraine und der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung muss die Bank im zweiten Halbjahr allerdings noch speziellere Belastungen fürchten. Dazu zählt nicht nur die Risikovorsorge für gefährdete Kredite, die in diesem Jahr jetzt rund 700 Millionen Euro erreichen soll.
So dürfen Kunden der polnischen Commerzbank-Tochter mBank aufgrund eines neuen Gesetzes in dem Land ihre Ratenzahlungen für Hypothekenkredite bis Ende kommenden Jahres jetzt bis zu achtmal aussetzen. Für das dritte Quartal erwartet die mBank deshalb Belastungen von 210 bis 290 Millionen Euro.
Bereits im zweiten Quartal legte die mBank weiteres Geld für die umstrittenen Schweizer-Franken-Kredite aus früheren Jahren zurück. Der Commerzbank-Vorstand macht sein Gewinnziel weiterhin auch davon abhängig, dass der jahrelange Streit um den Umgang mit diesen Darlehen das Institut nicht noch teurer zu stehen kommt. Commerzbank hat für diese Fälle insgesamt bereits Belastungen von mehr als 900 Millionen Euro verbucht.
Unterdessen kann sich auch die Commerzbank der hohen Inflation nicht entziehen. Das bisherige Ziel, die jährlichen Kosten des Konzerns bis 2024 auf 5,4 Milliarden Euro zu senken, ist laut Finanzchefin Orlopp voraussichtlich kaum zu erreichen. Der Anstieg der Erträge im Zuge dürfte diesen Nachteil aber mehr als wettmachen, sagte sie in einer Telefonkonferenz. Daher halte der Vorstand an seinem Ziel fest, das Verhältnis von Kosten zu Erträgen bis 2024 auf 60 Prozent zu senken. Voraussichtlich werde die Bank sogar ihr Renditeziel anheben.
Bisher peilt das Management für 2024 eine Rendite auf das materielle Eigenkapital von mehr als sieben Prozent an. Analysten gingen zuletzt im Schnitt von 7,9 Prozent aus. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank
Commerzbank-Chef Knof sieht sich angesichts der jüngsten Geschäftszahlen in seiner Strategie bestätigt. Der Manager hatte die Führung der Bank Anfang 2021 übernommen und wenig später ein umfangreiches Sparprogramm mit einem radikalen Stellenabbau eingeleitet. Bis Ende des Jahres will die Bank die Kürzung von brutto 10 000 Vollzeitstellen weitgehend geregelt haben. Für 7700 Stellen sei dies schon bis Ende Juni geschehen, hieß es.
Bei der Verkleinerung ihres Filialnetzes kam die Bank schneller voran als geplant: Schon bis Ende Juni sei die Zahl der Geschäftsstellen in Deutschland auf 450 gesunken, hieß es. Zu Beginn des Sparprogramms hatte das Filialnetz noch 790 Filialen umfasst. Parallel laufe der Aufbau der neuen Beratungscenter "auf Hochtouren", hieß es. Nach den ersten drei Standorten sollten ab Mitte September weitere in Betrieb gehen.
Die Commerzbank-Aktionäre dürfen sich für 2022 jedenfalls wieder auf eine Dividende freuen: Das Institut will 30 Prozent des auf die Anteilseigner entfallenden Jahresgewinns ausschütten./stw/mar/mne/mis