FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt könnte in der neuen Woche seine Anfang Juli begonnene Erholung erst einmal unterbrechen. Die wieder neu aufgekommenen geopolitischen Spannungen und die Sorgen um die Inflation dürften die Anleger in Schach halten. Nachdem der hiesige Leitindex Dax
Laut Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, trotzen die Aktienmärkte zwar noch der Politik. Die Episode rund um den Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan deute aber darauf hin, dass der in den letzten Jahrzehnten schwelende Konflikt um die Unabhängigkeit der demokratischen Inselrepublik in eine neue Phase eingetreten sei.
"Nirgendwo ist deutlicher zu erkennen, dass mit der wirtschaftlichen Erstarkung Chinas auch politische und militärische Gewichtsverlagerungen vor sich gehen", fuhr Kater fort. Zwar sprächen in naher Zukunft eine Reihe von geostrategischen Gründe gegen eine solche Konfrontation. Wie unsicher solche Einschätzungen jedoch sein könnten, habe der russische Angriff auf die Ukraine gezeigt, der auch langjährige Beobachter überrascht habe.
Analyst Christian Apelt von der Landesbank Hessen-Thüringen mahnte ebenfalls, dass "die Geopolitik jederzeit wieder dominant werden kann". Mit Blick auf Taiwan könnten sich die Spannungen zwischen China und den USA verschärfen. "Eine Atempause muss in der Finanzwelt nicht von Dauer sein", resümierte der Experte.
China heizte zuletzt mit Sanktionen gegen Pelosi den Konflikt mit den USA um Taiwan an. Zudem stoppte Peking den Dialog über Klimaschutz, Militärfragen und andere Kooperationen im Kampf gegen Verbrechen, Drogen und zur Rückführung illegal eingereister Menschen.
Neben den politischen Spannungen rücken in der neuen Woche aber auch wichtige Konjunkturdaten in den Blick. Besonderes Augenmerk sollten die Anleger unter anderem auf die Handelsdaten aus China am Sonntag und auf die US-Verbraucherpreise am Mittwoch legen, schrieb Adrian Roestel, der bei der Vermögensverwaltung Huber, Reuss & Kollegen das Portfoliomanagement leitet.
Die Konsumentenpreise dürften dem Experten zufolge eine erste Indikation liefern, wann der Inflationshöhepunkt in den USA überschritten sein wird. Daraus würden die Investoren ihre Erwartungen an die Geldpolitik der US-Notenbank Fed ableiten. Trete keine Besserung ein - oder laufe die Inflationsrate sogar weiter nach oben - sei ein zeitnah moderateres Tempo der US-Zinserhöhungen passé. Die US-Börsen dürften dann den Rückwärtsgang einlegen und den deutschen Aktienmarkt mit nach unten ziehen.
Für eine schärfere Gangart der Fed sprachen bereits die jüngst veröffentlichten, sehr robusten US-Arbeitsmarktdaten für Juli. Sie könnten die Fed dazu veranlassen, den Leitzins im Kampf gegen die Inflation nicht um 0,5, sondern erneut kräftig um 0,75 Prozentpunkte anzuheben. Höhere Zinsen aber lassen Aktien im Vergleich zu anderen Anlageformen wie etwa Anleihen in einem schlechteren Licht erscheinen.
Roestel erwartet unter der Strich für die neue Woche eine Seitwärtsbewegung des Dax um das aktuelle Niveau von 13 600 Punkten: "Eine Entwicklung, bei der sich pro und contra die Waage halten, ist am wahrscheinlichsten für uns."
Von gesamtwirtschaftlicher Seite rechnet der Experte mit anhaltendem Gegenwind aus den USA und damit, dass die geopolitischen Spannungen fortbestehen. Auf der Habenseite verbuchte Roestel eine solide Berichtssaison - viele Unternehmen hätten beim Umsatz und beim Gewinn deutlich besser als befürchtet abgeschnitten und ihren Ausblick nicht zusammengestrichen.
In der neuen Woche ist die Agenda vor allem am Donnerstag mit frischen Geschäftszahlen gut gefüllt. Im Fokus stehen dabei unter anderem die Deutsche Telekom
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---