(neu: Aussagen aus Pressekonferenz und weitere Details zu Höhe der Verluste sowie Gasumlage, Kurs aktualisiert, weitere Analystenstimmen)
DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der angeschlagene Energiekonzern Uniper
Der Kurs sackte als Schlusslicht im MDax
In den ersten sechs Monaten rutschte Uniper sowohl operativ als auch unterm Strich in die roten Zahlen. Der Verlust belief sich auf mehr als 12 Milliarden Euro. Mit 6,5 Milliarden Euro steht davon mehr als die Hälfte im Zusammenhang mit erwarteten künftigen Unterbrechungen der Gaslieferungen. Außerdem sind in der Summe bereits bekannte 2,7 Milliarden Euro an Abschreibungen enthalten - unter anderem für die Pipeline Nord Stream 2.
Uniper spielt als größter deutscher Gasimporteur wegen der seit Wochen stark verminderten Lieferungen aus Russland eine zentrale Rolle in der Gaskrise. Das Unternehmen muss wegen der Drosselung der Lieferungen und einer starken Abhängigkeit von Gas aus Russland teureres Gas auf dem Markt kaufen, um Verträge zu erfüllen. Weil Uniper die Kosten bislang nicht weitergeben kann, brachte es den Konzern an den Rand der Insolvenz und er musste um staatliche Hilfe bitten.
Als Stützungsmaßnahmen schnürte die Bundesregierung ein milliardenschweres Rettungspaket. Unter anderem wurde eine Kreditlinie der KfW auf 9 Milliarden Euro aufgestockt, davon sind laut Uniper bislang 5 Milliarden Euro in Anspruch genommen. Weiterhin sieht der Plan vor, dass der Bund mit 30 Prozent bei dem Düsseldorfer Unternehmen einsteigt. Die Genehmigung des Stabilisierungspaketes sollen die Aktionäre auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im Herbst erteilten. Uniper beliefert mehr als 100 Stadtwerke und Industriefirmen.
Nach Aussagen von Konzernchef Klaus-Dieter Maubach schreibt Uniper seit der Reduzierung der russischen Gasliefermengen Mitte Juni täglich im Schnitt rund 60 Millionen Euro Verlust. Zeitweise lägen die täglichen Verluste sogar bei über 100 Millionen Euro, sagte Maubach am Mittwoch in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Vom 15. Juni bis Mittwoch hätten sich die Verluste auf insgesamt 3,8 Milliarden Euro summiert. Bei einer Fortschreibung dieser Entwicklung bis Ende September würden die Verluste auf 6,5 Milliarden Euro wachsen.
Uniper wird noch bis Ende September den vollen wirtschaftlichen Verlust tragen müssen, der durch die Ersatzbeschaffungsmengen für russisches Gas aufläuft. Die wirtschaftliche Nettoverschuldung stieg bis Ende Juni auf mehr als zwei Milliarden Euro nach 324 Millionen ein Jahr zuvor. Hier schlagen sich die operativen Barmittelabflüsse von rund 2,2 Milliarden Euro nieder.
Erst ab 1. Oktober greift die von der Bundesregierung beschlossene sogenannte Gasumlage, durch die der Konzern den Großteil seiner Kosten an die Kunden weitergeben darf. Dann können Uniper und andere von den Lieferausfällen betroffene Gasimporteure 90 Prozent ihrer Ersatzbeschaffungskosten bei ihren Kunden geltend machen. Dabei sollen die Kosten auf alle Gasverbraucher - Haushalte wie Firmen - umgelegt werden. Bis Anfang April 2024 haben aktuell zwölf Gasimporteure 34 Milliarden Euro an erwarteten Kosten geltend gemacht. Davon entfielen über 50 Prozent auf Uniper, sagte Maubach. Die genaue Summe nannte er nicht.
Die operative Entwicklung des Geschäfts bezeichnete Maubach als "solide". Er führte die Volumina der Stromproduktion an, die im ersten Halbjahr auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums lagen. Unipers bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) rutschte auf minus 564 Millionen Euro nach einem Betriebsgewinn von 580 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Das bereinigte Nettoergebnis betrug minus 359 Millionen Euro nach einem Gewinn von 485 Millionen Euro.
Das Zahlenwerk sei zwar schwach, stehe aber wohl kaum im Fokus angesichts des Ausmaßes der Verknappung von russischem Gas, schrieb JPMorgan-Analyst Vincent Ayral in einer ersten Einschätzung. Negativ wirkten auch geringere Produktionskapazitäten auf dem britischen Markt. Auch sein Kollege Sam Arie von der Schweizer Großbank UBS sah zahlreiche fortgesetzte Herausforderungen in den verschiedenen Geschäftsbereichen.
JPMorgan-Analyst Vincent Ayral sah hingegen auch Lichtblicke. Es gebe bessere Nachrichten zum Gasgeschäft, wenn man die Belastungen im Zusammenhang mit Russland herausrechne. Und auch Goldman-Sachs-Analyst Alberto Gandolfi lobte: Mit den internationalen Aktivitäten habe der Energiekonzern bei den Ergebnissen gut abgeschnitten./lew/tob/mne/mis