(neu: Aussagen Management, Aktienkurs, Analystenstimmen, mehr Details und Hintergrund.)
BASEL (dpa-AFX) - Der Schweizer Pharmakonzern Novartis
Nach der Abspaltung seiner Augenheilkundesparte Alcon
Sandoz umfasst das Geschäft mit biotechnologisch hergestellten Nachahmermedikamenten (Biosimilars) und rezeptfreien Arzneien. Novartis hatte im Oktober 2021 angekündigt, alle Optionen für den Geschäftszweig zu prüfen - neben einem Börsengang also auch einen Verkauf oder die Beibehaltung im Konzern. Dafür hatte sich der Vorstand um Konzernchef Vasant Narasimhan eine Frist bis Ende 2022 gegeben.
Die Überprüfung der Optionen für Sandoz habe ergeben, dass eine Abspaltung durch eine hundertprozentige Ausgliederung im besten Interesse der Aktionärinnen und Aktionäre sei, sagte der Novartis-Lenker während einer Pressekonferenz.
Vorangegangen sind schwierige Zeiten für die Generikasparte. Der harte Preiswettbewerb - insbesondere im US-Markt - machte dem Hersteller in den vergangenen Jahren zu schaffen. Immerhin war zuletzt etwas Besserung in Sicht: Zum zweiten Quartal hatte sich die Geschäftsdynamik so weit erholt, dass Novartis seine Prognose für die Sparte anheben konnte. Für 2022 wird nunmehr bei Sandoz zu konstanten Wechselkursen mit einem Umsatzwachstum im niedrigen einstelligen Prozentbereich gerechnet.
In Expertenkreisen stießen die Börsenpläne für Sandoz indes auf gemischte Reaktionen: Für Analyst Elmar Sieber von der Basler Kantonalbank war schon Anfang April mit der Bekanntgabe einer neuen Organisationsstruktur des Konzerns klar, dass ein Verbleib von Sandoz bei Novartis keine Option mehr darstellt. Er verwies jedoch auf das schwierige Umfeld für Spin-Offs und Verkäufe, weshalb er nicht mit einer baldigen Lösung rechnete. Sieber fühlt sich in dieser Ansicht nun indirekt bestätigt, weil Novartis sich mit der Abspaltung noch Zeit lässt.
Am späten Zeitpunkt des Börsengangs gab es am Markt durchaus auch Kritik: Mit der geplanten Abspaltung in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres seien die Aktionäre einmal mehr zum Warten verdammt, lautete der Tenor. Pharmaanalyst Peter Welford vom Investmenthaus Jefferies hätte unterdessen einem Verkauf von Sandoz ganz klar den Vorzug gegeben. Er schloss nicht aus, dass die geplante Abspaltung bei Novartis gar zu einer Gewinnverwässerung führen könnte.
Laut dem Novartis-Chef hatte es auch Kaufinteressenten und Angebote für die Sparte gegeben, allerdings keine verbindliche Offerte. Narasimhan geht nach eigenen Worten davon aus, dass auch weiter Interesse von potenziellen Käufern bestehe. Sollte noch ein attraktives Angebot eingehen, würde dieses sicherlich geprüft, meinte er denn auch. Allerdings erachte das Management die Abspaltung als beste Lösung.
Durch die Trennung entsteht mit Sandoz das größte europäische Generikaunternehmen und ein weltweit führender Anbieter von Biosimilars. Die Gesellschaft ist in mehr als 100 Märkten weltweit tätig und erlöste im vergangenen Jahr 9,6 Milliarden US-Dollar. Das war knapp ein Fünftel des gesamten Novartis-Umsatzes. Die neue eigenständige Firma soll weiter von ihrem bisherigen Chef Richard Saynor geführt werden und den Sitz in der Schweiz haben - wo genau dieser sein wird, sei noch nicht entschieden, sagte Novartis-Chef Varasimhan. Aktuell würden auf Sandoz-Seiten neue Kapazitäten aufgebaut.
Laut Konzernangaben soll die Transaktion für Novartis "voraussichtlich grundsätzlich steuerneutral" sein. Sie sei zudem abhängig von den Marktbedingungen, steuerlichen Entscheidungen und Stellungnahmen, der endgültigen Zustimmung des Verwaltungsrats sowie den Genehmigungen durch die Aktionärinnen und Aktionäre. Narasimhan sagte, er erwarte keine finanziellen Auswirkungen auf Novartis.
Der Schweizer Pharmakonzern will nach der Sandoz-Abspaltung seine Position in den fünf zentralen Therapiebereichen Hämatologie (Blutkrankheiten), solide Tumore, Immunologie, Neurologie und Herz-Kreislauf-Krankheiten weiter ausbauen./AWP/tav/men/mis