HOLZMINDEN (dpa-AFX) - Alkohol- und Fleischverzicht sind im Trend, der Griff vieler Verbraucher zu Alternativen bringt Symrise
DAS IST LOS BEI SYMRISE
Die Niedersachsen sind in der Vergangenheit dank ihrer breiten Aufstellung stets gut durch Wirtschaftskrisen wie 2008/09 oder die Corona-Pandemie gekommen. Und auch in der aktuell wirtschaftlich schwierigen Zeit sind bei dem Dax
Die Sparte "Taste, Nutrition & Health", die neben dem Geschäft mit Zusätzen für Haustiernahrung auch die Geschäfte mit Aromen für Lebensmittel und Getränke sowie mit Zutaten etwa für Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel bündelt, profitierte zuletzt auch von vermehrten Freizeitaktivitäten der Verbraucher und einem zunehmenden Außer-Haus-Verzehr, was die Nachfrage nach Zusätze für Getränke und würzige Produkte antreibt.
In der zweiten großen Sparte "Scent & Care" geht es vornehmlich um Düfte und Zusätze für Körperpflegeprodukte, Kosmetik und Reinigungsmittel. Sie hinkte beim Wachstum aus eigener Kraft zum Halbjahr noch etwas hinterher. Dennoch dürfte sich die Nachfrage nach teuren Parfums zuletzt trotz der trüben Konjunkturlage wohl doch recht gut gehalten haben.
Symrise-Chef Heinz-Jürgen Bertram konnte jedenfalls zur Jahresmitte den Umsatzausblick für 2022 anheben und rechnet seither mit einem Wachstum aus eigener Kraft von deutlich mehr als sieben Prozent. Zuvor war bei dieser Größe, die Übernahmen und Währungseffekte ausklammert, ein Plus von fünf bis sieben Prozent avisiert worden. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr erzielte das Unternehmen ein organisches Umsatzplus von gut zehn Prozent.
Vom Umsatz sollen im laufenden Jahr 21 Prozent als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hängen bleiben. Nach einer Marge von 21,5 Prozent im ersten Halbjahr gibt es hier also durchaus ein wenig Spielraum, sollten höhere Kosten nicht komplett aufgefangen werden können. Zur Gewinnentwicklung wird sich Symrise allerdings erst wieder bei der Vorlage der Jahreszahlen äußern und nicht schon bei der Veröffentlichung der Neunmonatszahlen an diesem Mittwoch (26. Oktober).
Den Wachstumskurs des Konzerns verantwortet seit rund 13 Jahren Heinz-Jürgen Bertram, dessen Vertrag noch bis Ende 2025 läuft. Er führte den Konzern aus der Weltfinanzkrise und trieb das Wachstum beständig voran, auch mit vielen Übernahmen. Investoren schätzen den Manager sehr - der Aktienkurs hat sich während seiner Amtszeit vervielfacht.
Bertram dürfte das Wachstum auch weiter mit Akquisitionen untermauern, vor allem mit kleineren, ergänzenden Deals. Aber auch im größeren Maßstab wandelt sich die Branche. So schloss der Aromaspezialist IFF im vergangenen Jahr den Kauf des Geschäfts mit Nahrungszusätzen vom Chemiekonzern Dupont ab. Im Mai 2022 sorgte dann die Ankündigung der Fusion der schweizerischen Firmenich und der niederländischen DSM
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN
Gemäß der vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten erwarten Analysten im Mittel für das dritte Quartal einen Umsatzanstieg im Jahresvergleich von nominal gut 21 Prozent auf 1,18 Milliarden Euro. Für Januar bis September würde das ein Plus von 19,4 Prozent auf 3,44 Milliarden Euro bedeuten.
Analystin Celine Pannuti von der Bank JPMorgan rechnet mit einer starken Umsatzentwicklung im dritten Quartal, angetrieben von einer fortgesetzt guten Entwicklung im Geschäft mit Zusätzen für Heimtiernahrung und Getränke sowie feinen Düften und Kosmetikzusätzen. Neben der Nachfrage nach den Produkten des Konzerns sollten auch Preiserhöhungen die Entwicklung angetrieben haben.
Zudem gebe es keinen echten Grund, warum es im Schlussviertel bedeutend schlechter laufen sollte, sagt die Expertin. Sie hält das Unternehmensziel für das Umsatzwachstum aus eigener Kraft für zu niedrig und kalkuliert für 2022 mit 10,7 Prozent.
Georgina Fraser, Analystin bei der Investmentbank Goldman Sachs, zeichnet ebenfalls ein positives Bild. Auf einer Investorenveranstaltung habe Finanzchef Olf Klinger auf weiterhin starke Nachfragetrends verwiesen, schrieb sie in einer Studie aus der zweiten September-Hälfte. Zudem gebe es erste Anzeichen, dass der Aufwärtsdruck bei den Rohstoffkosten nachlasse. Demnach werde es 2023 zwar wohl kostenseitig noch Gegenwind durch die Energiepreise geben, dafür würden aber die Logistikkosten nachlassen.
Abseits des Tagesgeschäfts wird Symrise auch immer mal wieder als Übernahmekandidat gehandelt. Analyst Thomas Swoboda von der französischen Bank Societe Generale hatte das Unternehmen im Sommer als ein attraktives Ziel beziehungsweise als attraktiven Fusionspartner bezeichnet. IFF und nun auch Firmenich-DSM seien tief integrierte, globale Anbieter in Sachen Ernährung und Duftstoffe, und das Spielfeld der Branche bewege sich immer mehr auch im Biowissenschaftsbereich. Das setze die Konkurrenz unter Druck, sich breiter aufzustellen und zu wachsen.
Analysten blicken insgesamt recht zuversichtlich auf Symrise. Von den 14 von der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX seit der Vorlage der Halbjahreszahlen erfassten Experten empfehlen sieben den Kauf, sechs raten zum "Halten" und einer sagt "Verkaufen". Das durchschnittliche Kursziel liegt mit 115,5 Euro rund 16 Prozent über dem aktuellen Kurs von etwa 99,50 Euro.
DAS MACHT DIE AKTIE
Die über viele Jahre verwöhnten Symrise-Aktionäre haben im laufenden Jahr wenig Grund zur Freude. Der Ukraine-Krieg und Rezessionssorgen angesichts der hohen Inflation und steigernder Zinsen machte auch vor den Papieren der Niedersachsen nicht halt. Aktuell steht 2022 ein Minus von knapp 24 Prozent auf dem Kurszettel. Damit hinken sie mittlerweile auch dem Dax etwas hinterher, der rund ein Fünftel tiefer notiert als Ende 2021.
Zum Jahreswechsel hatten die Papiere mit circa 130 Euro noch nahe ihres Rekordes notiert, nach dem Beginn des Kriegs Russlands gegen die Ukraine ging es im März bis auf rund 95 nach unten. Seither schwanken sie mit größeren Ausschlägen zwischen dieser Marke und rund 115 Euro, wobei sie die Unterstützung am unteren Ende der Spanne Mitte Oktober fast gerissen hätten.
Ein Blick auf die Historie des Papiers zeigt indes die langfristige Erfolgsgeschichte: Symrise startete im Jahr 2006 mit einem Kurs von 17,25 Euro an der Börse. Nach anfänglichen Gewinnen fiel der Kurs dann im Zuge der Weltfinanzkrise 2008/09 auf rund 7 Euro. Seither kannte das Papier im Grunde nur den Weg nach oben.
Kursknicke wie den im laufenden Jahr gab es dabei immer mal wieder. Sie konnten dem langfristigen Aufwärtstrend bislang nichts anhaben. Der würde erst bei einem deutlicheren und längeren Rutsch unter den Bereich um die 90 Euro deutliche Kratzer bekommen.
Beim Börsenwert bringt Symrise aktuell knapp 14 Milliarden Euro auf die Waage, was einen Platz im hinteren Drittel des Dax bedeutet./mis/men/he