BERLIN (dpa-AFX) - Gestiegene Kosten für Lebensmittel und Werbung zehren am operativen Gewinn des Kochboxenlieferanten Hellofresh
Der Umsatz insgesamt legte um fast ein Drittel auf 1,86 Milliarden Euro zu, wie das im MDax
Seit Monaten hinkt das Segment International, das mit Ausnahme der Vereinigten Staaten alle anderen Ländern umfasst, hinterher. Während die USA in den vergangenen Quartalen sowohl Umsatz als auch ergebnisseitig immer weiter zulegte, war das operative Ergebnis (Ebitda) der restlichen Länder stets im zweistelligen Prozentbereich rückläufig. Im dritten Quartal brach das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) für das Segment International im Vergleich zum Vorjahr um fast 40 Prozent ein.
Dabei mussten beide Geschäftsbereiche aufgrund der saisonal bedingt schwächeren Nachfrage Abstriche verzeichnen. Sowohl die Zahl der aktiven Kunden als auch die Bestellungen gingen im Vergleich zum Vorquartal zurück, weil Kunden in den Sommermonaten im Urlaub sind oder lieber auswärts essen gingen.
Allerdings ging die Zahl der aktiven Kunden in den USA im Vergleich zum zweiten Quartal deutlich zurück. Und in beiden Geschäftsbereichen fiel die Zahl der Bestellungen gegenüber den Monaten April bis Juni deutlich ab. Die Expansion seiner Low-Cost-Produktlinie Everyplate schlug Konzernchef Richter unterdessen in einer Telefonkonferenz zunächst aus. "Everyplate ist bereits in den USA, Kanada und Australien vertreten und damit für rund 70 Prozent unserer Kunden verfügbar", führte er aus. Er rechnet nicht damit, dass die Kochboxen für preissensiblere Kunden in den kommenden 12 bis 18 Monaten in Europa eingeführt werde.
Als aktive Kunden gilt man, wenn man bei Hellofresh innerhalb der vergangenen drei Monate mindestens eine Box erhalten hat - egal, ob Verbraucher diese zum Vollpreis bestellt haben oder diese im Rahmen von Tests oder Rabattaktionen zugestellt wurden. Für solche Werbeaktionen nimmt der Konzern seit Jahren viel Geld in die Hand - und mittlerweile auch wieder etwas mehr als noch in den ersten beiden Jahren der Corona-Pandemie. Als die Menschen zu Hause bleiben mussten und Ausgehmöglichkeiten infolge von Restaurantschließungen fehlten, zog die Nachfrage nach Kochboxen deutlich an. In der Zeit bestellten Kunden so viele Hellofresh-Boxen, dass das Unternehmen selbst nicht mehr mit der Produktion nachkam. Entsprechend mussten die Berliner deutlich weniger Gelder für Werbezwecke aufwenden.
Mittlerweile ist dieses Budget aber wieder größer, denn Hellofresh muss Verbraucher trotz anziehender Lebensmittelpreise und deutlich abflauender Konsumlust von seinen Produkten überzeugen. Zugleich ist aber auch der Kochboxenlieferant mit gestiegenen Kosten für die Beschaffung von Zutaten konfrontiert. Auf Konzernebene rutschte das operative Ergebnis (Ebitda) in der Folge um ein Zehntel auf 71,8 Millionen Euro. Das war deutlich weniger als von Analysten erwartet.
Für das laufende Jahr hält Hellofresh unterdessen an seiner angepassten Prognose fest. Ausgehend vom Vorjahreswert von knapp 6 Milliarden Euro soll der Konzernumsatz 2022 um 18 bis 23 Prozent zulegen. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll auf 460 bis 530 Millionen Euro sinken, nachdem Hellofresh im Vorjahr einen operativen Gewinn von 527,6 Millionen Euro vermeldet hatte.
An der Börse wurden die Zahlen positiv aufgenommen. Der in den vergangenen Wochen und Monaten stark gefallene Kurs setzte seine Erholung der vergangenen Tage fort. Im frühen Handel stieg der Kurs um bis zu sieben Prozent auf 24,48 Euro. Damit entfernte sich das Papier weiter von dem vergangene Woche erreichten Mehrjahrestief von 19,94 Euro. Die Aktie zählte zu den großen Gewinnern der Corona-Pandemie. Der Kurs zog von rund 20 Euro auf bis fast 100 Euro an, bevor dann der Absturz folgte.
In Spitzenzeiten wurde das Unternehmen mit rund 17 Milliarden Euro bewertet und die Aktie war auch für kurze Zeit im Dax. Inzwischen ist der Börsenwert wieder auf knapp vier Milliarden Euro gefallen - dies ist aber immer noch rund 130 Prozent mehr als zum Zeitpunkt des Börsengangs im Jahr 2017./ngu/mne/zb