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WOCHENAUSBLICK: US-Wahlen und Inflationsdaten stellen Dax-Rally auf die Probe

07.11.2022
um 05:50 Uhr

FRANKFURT (dpa-AFX) - In der neuen Woche könnten sich die Zwischenwahlen in den USA als zusätzliche Belastung für die Erholungsrally des Dax erweisen. Nachdem zuletzt US-Notenbankchef Jerome Powell mit der Aussage für Verunsicherung gesorgt hatte, dass kein Ende der Zinserhöhungen in Sicht sei, könnte nun "das Ergebnis der US-Kongresswahlen die Kapitalmärkte in Bewegung halten", schrieb Analystin Claudia Windt von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).

Unter dem Strich sprechen der Helaba-Expertin zufolge die aktuellen Umfragen für einen deutlichen Stimmenzuwachs der Republikaner im Repräsentantenhaus. Hier wäre alles andere als ein Mehrheitswechsel eine handfeste Überraschung. Knapper sei die Sache im Senat. Insgesamt aber stünden die Chancen gut, dass die Republikaner dort auf die für sie nötigen 51 Sitze kommen können. Dann würden die Demokraten ihre Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses verlieren.

"Die seit Anfang 2021 von den Demokraten angewendete Methode, wichtige wirtschaftspolitische Programme wie zuletzt das Klimaschutzpaket im Rahmen des Haushaltsrechts mit einfacher Mehrheit in beiden Häusern durchzubringen, wird daher voraussichtlich zukünftig nicht mehr möglich sein", resümierte Windt. Dies werde den wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum der Regierung deutlich reduzieren. Präsident Joe Biden würde dann noch mehr als bisher gezwungen sein, so wie sein Vorgänger Donald Trump mit dem suboptimalen Instrument der Verordnungen zu arbeiten. Dies ist der Expertin zufolge insbesondere auf Gebieten wie dem Klimaschutz äußerst problematisch, wo die langfristige Vorhersehbarkeit von zukünftigen Regeln enorm wichtig sei.

Insofern werden die Anleger sicherlich auch mit einem Auge die Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen im ägyptischen Badeort Scharm El Scheich im Blick behalten, die am Sonntag beginnt. Dort beraten knapp 200 Staaten zwei Wochen lang darüber, wie der Kampf gegen die Erderhitzung beschleunigt werden kann. Die Zeit drängt, denn die vergangenen sieben Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Erwartet werden am Montag und Dienstag Dutzende Staats- und Regierungschefs, die sich in kurzen Statements an die Klimakonferenz wenden. Deren Aussagen könnten die Aktien von Anbietern Alternativer Energien bewegen.

Auch das Ringen der Notenbanken gegen die hohe Inflation bleibt im Blick. So wird am Donnerstag die Frage beantwortet, ob sich in den USA die Teuerung im Oktober tatsächlich weiter wie von Analysten erwartet abgeschwächt hat. Falls nicht, könnten die Spekulationen über ein schärferes Vorgehen der Währungshüter wieder neu aufflammen.

"Die Angst der Anleger, dass die Währungshüter den berüchtigten Schritt zu weit gehen und die Konjunktur dadurch vollends in die Rezession drücken könnten, ist allgegenwärtig", mahnten die Experten der Landesbank Baden-Württemberg. Daher dominiere rund um den Globus inzwischen auch die Tendenz, die Ertragserwartungen für die Unternehmen nach unten zu korrigieren. "Nach der Oktoberrally stehen die Zeichen nun wieder auf Gewinnmitnahmen."

Zuversichtlicher ist Andreas Weiß, Leiter Aktien bei der Münchener Vermögensverwaltung Huber, Reuss und Kollegen. Der jüngste Rücksetzer an der Börse nach den Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell könnte Ausgangspunkt für eine erfreuliche Kursentwicklung in der neuen Woche sein. Denn die bedeutsamen Belastungsfaktoren für das laufende Aktienjahr sollten inzwischen größtenteils eingepreist sein, falls nicht noch Unerwartetes geschieht. Zudem erschienen die Unternehmensprognosen für das Gesamtjahr 2022 unabhängig von der Entwicklung der letzten beiden Monate des Kalenderjahres gut erreichbar.

Etwas skeptischer äußerte sich Analyst Markus Wallner von der Commerzbank: "Die bereits vorliegenden Berichte zum dritten Quartal zeigen teilweise große Qualitätsunterschiede bei den Ergebnissen der deutschen Unternehmen." Insbesondere viele kleinere und weniger auf dem Weltmarkt aktive Unternehmen, die eine begrenzte Preismacht besäßen, können dem Experten zufolge die Erwartungen der Analysten nur noch schwer oder gar nicht mehr erfüllen.

In der neuen Woche wird eine ganze Reihe von Unternehmen aus den hinteren Börsenligen über ihr Abschneiden im abgelaufenen Quartal berichten. Daneben stehen auch einige Konzerne aus dem Leitindex Dax mit ihren Bilanzen im Fokus. Dann wird sich zeigen, ob die frischen Geschäftszahlen unter dem Strich eher für gute Laune oder für Trübsal am Aktienmarkt sorgen.

Am Dienstag präsentieren der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer sowie der Konsumgüterhersteller Henkel ihre Zahlen. Zur Wochenmitte folgen der Medizintechnikhersteller Siemens Healthineers und der Energiekonzern Eon . Am Donnerstag richtet sich die Aufmerksamkeit insbesondere auf die Deutsche Telekom , den Versicherer Allianz , den Energiekonzern RWE sowie den Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck KGaA ./la/ajx/he

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---

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