(neu: Aussagen aus der Konferenz, Aktienkurs)
VENLO (dpa-AFX) - Der Laborzulieferer und Diagnostikspezialist Qiagen
Die Qiagen-Aktie gehörte mit einem Plus von 3,7 Prozent auf 43,57 Euro auch am Dienstagmittag noch zu den Favoriten im Dax
Mitte Oktober hatten zwar neuerliche Fusionsgerüchte für ein kurzes Kursfeuerwerk gesorgt, danach war der Kurs aber wieder gesunken. Das "Wall Street Journal" (WSJ) hatte damals unter Berufung auf eingeweihte Personen über bereits seit einiger Zeit laufende Gespräche mit dem US-Wettbewerber Bio-Rad Laboratories berichtet. Qiagen hatte sich bislang dazu nicht geäußert. Finanzvorstand Sackers wollte die Gerüchte erneut nicht kommentieren, deutete aber an, dass dies aus seiner Sicht eher marktgetriebene Spekulationen an mauen Börsentagen in den USA seien.
An der Börse kochen immer wieder Fusionsgerüchte hoch und ebben wieder ab, nachdem eine Übernahme von Qiagen durch den US-Konzern Thermo Fisher vor zwei Jahren gescheitert war. Der langjährige Finanzvorstand Sackers, der damals für den Zukauf votierte, sieht Qiagen inzwischen jedoch weitaus besser aufgestellt. "Anders als vor ein paar Jahren sind wir heute nicht mehr stark nur von einem Produkt abhängig. Unsere erweiterte Bandbreite ermöglicht es uns, Schwankungen abzufedern", sagte der Manager. Weil Qiagen an der Pandemie kräftig mitverdient hat, sei der Konzern inzwischen auch in einer guten Finanzposition, sich regional breiter aufzustellen oder selbst ergänzende Zukäufe zu stemmen.
Auch aktuell sind die Aussichten gut: "Qiagen ist auf dem besten Weg, das Jahr 2022 mit starken Ergebnissen zu beenden", sagte Firmenchef Thierry Bernard laut der am späten Montagabend verbreiteten Mitteilung anlässlich der neuen Ziele. Die Firma hat in diesem Jahr schon mehrmals ihre Prognosen angehoben, weil sie zunächst mit einem deutlicheren Einbruch vom pandemiegetriebenen Boom mit seinen Covid-Tests gerechnet hatte.
Zugleich profitiert der Konzern davon, dass er in der Corona-Hochphase überproportional viele Diagnostikgeräte verkaufen konnte. Diese werden nun von den Laboren auch für viele andere Krankheiten genutzt. Auch erweitert Qiagen die Testmenüs, was zusätzlichen Bedarf schafft. Darüber hinaus zieht der Verkauf des Tuberkulose-Tests Quantiferon seit mehreren Quartalen kräftig an.
Der neuen Prognose zufolge soll der Konzernumsatz gerechnet zu konstanten Wechselkursen für die aktuellen zwölf Monate bei mindestens 2,25 Milliarden US-Dollar liegen. Das wäre leicht über dem Vorjahresniveau. Der bereinigte verwässerte Gewinn je Aktie (EPS) soll ohne Währungseffekte bei rund 2,40 Dollar herauskommen - nach 2,63 Dollar vor einem Jahr. Die neue Umsatzprognose ist laut Finanzchef Sackers zu gleichen Teilen auf ein besseres Covid- und Nicht-Covid-Geschäft zurückzuführen.
Im vergangenen Quartal musste Qiagen letztlich nur wegen negativer Wechselkurseffekte etwa durch die starke US-Währung Umsatzeinbußen hinnehmen: Der Erlös ging im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent auf eine halbe Milliarde Dollar zurück. Zu konstanten Wechselkursen stagnierte der Umsatz jedoch auf dem hohen Vorjahresniveau, womit sich Qiagen besser schlug als vom Vorstand zuvor angenommen. Auch Analysten hatten hier mit weniger gerechnet.
Der Erlös mit Produkten rund um Covid, zu denen etwa Qiagens Tests gehören, sank nach Unternehmensangaben in den Monaten Juli bis September im Jahresvergleich um 48 Prozent auf 83 Millionen Dollar. Dem gegenüber stand ein Wachstum beim Nicht-Covid-Portfolio um 11 Prozent auf 417 Millionen Dollar - bei diesem will das Management im Gesamtjahr unverändert zu konstanten Wechselkursen ein prozentual zweistelliges Plus erreichen. In diesem Bereich bestünden auch für das kommende Jahr gute Chancen auf ein ähnliches Plus, sagte der Finanzchef.
Höhere Kosten etwa für Vertrieb und Fracht belasteten im vergangenen Quartal allerdings den Gewinn: Das bereinigte operative Ergebnis sank im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent auf 144 Millionen Dollar, fiel aber ebenfalls besser aus als am Markt erwartet. Unter dem Strich sank der Gewinn um 38 Prozent auf 82 Millionen Dollar. Auch für das Schlussquartal erwartet der Vorstand einen kräftigen Umsatz- und Ergebnisrückgang.
Für die Covid-Produkte rechnet Qiagen somit im Gesamtjahr mit einem Umsatzrückgang von zuvor rund 700 Millionen auf etwa 500 Millionen Dollar. Im kommenden Jahr könnte sich diese Zahl womöglich noch halbieren - "Genaueres werden wir aber erst im Dezember wissen, wenn wir die Trends besser absehen können", sagte Sackers. Wegen des stark schwankungsanfälligen Pandemie-Geschäfts prognostiziert der Konzern hier inzwischen bewusst zurückhaltend./tav/stw/jha/