(neu: Aussagen aus der Telefonkonferenz, Aktienkurs aktualisiert, Analystenstimme)
HAMBURG (dpa-AFX) - Hohe Ausgaben für den Ausbau der Produktion und deutlich gestiegene Kosten für Energie, Material und Logistik zehren am operativen Gewinn des Pharmaforschers Evotec
An der Börse gefiel die Entwicklung bei Evotec den Anlegern nicht. Die Aktie fiel bereits in der Frühe an das MDax-Ende, wo sie auch am Nachmittag mit einem Minus von mehr als elf Prozent auf 17,11 Euro stand. Umsatz und Gewinn des Unternehmens im dritten Quartal hätten unter den Erwartungen gelegen, schrieb Analyst Peter Welford vom Analysehaus Jefferies. Nun komme es auf das Schlussquartal an für die Frage, ob Evotec die Jahresziele erreiche oder nicht, schrieb Warburg-Experte Christian Ehmann.
"Wir müssen uns anstrengen", räumte Evotec-Lenker Lanthaler in einer Telefonkonferenz anlässlich des Quartalsberichts ein. Er zeigte sich gleichzeitig zuversichtlich, dass die Ziele für das Jahr erreicht werden können. Die Nachfrage aus sämtlichen Kundenindustrien sei unverändert hoch. Hoffnung schöpft der Manager daraus, dass in vielen Projekten Summen etwa in Form von Meilensteinzahlungen "in Reichweite" seien - also jene Zahlungen, die an das Erreichen bestimmter Etappen gekoppelt sind. Letztlich komme es aber auf die "Biologie" und damit auf die Forschungsergebnisse an, betonte der Manager.
Die Evotec-Aktie hat in diesem Jahr bereits fast 60 Prozent eingebüßt. Der ehemalige Investorenliebling hatte in den vergangenen Jahren stets mit neuen Aufträgen und Partnerschaften sowie guten Ergebnissen geglänzt. Doch bereits seit geraumer Zeit schlagen die hohen Kosten für den Aufbau einer Anlage für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel im US-amerikanischen Redmond ins Kontor. Im September begann Evotec zudem mit dem Aufbau einer zweiten Anlage in Toulouse in Frankreich.
Dabei fallen unter anderem höhere Summen für Beratung und neue IT-Systeme an, aber auch für den Aufbau der Belegschaft. Nun kommt auch noch seit einigen Monaten die Energiekrise und Rohstoffkrise hinzu, die die Geschäftsabläufe erheblich verteuert.
Evotec will zwar im laufenden Jahr den Umsatz unverändert auf 715 bis 735 Millionen Euro steigern, und das bereinigte operative Ergebnis (bereinigtes Ebitda) soll der bekräftigten Prognose zufolge bei 105 bis 120 Millionen Euro herauskommen. Zuletzt schwächte sich jedoch das Wachstumstempo klar ab und das operative Ergebnis ging wegen der hohen Kosten weiter zurück.
So wies Evotec für die ersten neun Monate ein Erlösplus von 19 Prozent auf 510,8 Millionen Euro aus, von Juli bis September kletterte der Umsatz aber nur um knapp neun Prozent. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) sank binnen drei Quartalen auf 44,6 Millionen Euro, nachdem im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor noch 70,1 Millionen Euro erzielt worden waren. Ohne die Ausgaben für den Aufbau der US-Tochter Just-Evotec Biologics, unter deren Dach die neue Anlage in Redmond geführt wird, wäre das bereinigte Betriebsergebnis um 14 Prozent besser als im Vorjahr ausgefallen, hieß es von Evotec weiter.
Unter dem Strich wies der Konzern für die neun Monate einen Verlust von mehr als 148 Millionen Euro aus, nach einem Überschuss von knapp 247 Millionen Euro vor einem Jahr. Wegen weiterer Abschreibungen auf die britische Beteiligung Exscientia, deren Aktienkurs seit Monaten im Sinkflug ist, fiel allein für das dritte Quartal ein Minus von gut 47 Millionen Euro an. Analysten hatten hingegen für das Jahresviertel mit einem nur kleinen Konzernverlust gerechnet.
Evotec knüpft unterdessen hohe Erwartungen an seine noch recht junge US-Tochter, die zuletzt einen weiteren - nicht näher bezifferten - Auftrag des US-Verteidigungsministeriums im Rahmen einer Antikörper-Kooperation erhalten hatte. Das dritte Quartal dürfte umsatzmäßig das für alle Zeiten schwächste für Just Evotec-Biologics gewesen sein und das kommende Jahr werde der Start "signifikanten Wachstums" für den US-Ableger sein, versprach Lanthaler. Zwar müsse die Zahl der Kunden und die Umfänge der Verträge für die neue Anlage weiter wachsen, doch auch hier versprühte das Management in der Telefonkonferenz Zuversicht. Genauere Details zu dem jüngsten US-Auftrag soll es erst später geben./tav/mis/he