BURBANK (dpa-AFX) - Beim Unterhaltungskonzern Disney
Der 71-jährige Iger übernimmt wieder das Ruder in einem schwierigen Moment für Disney und auch die gesamte Unterhaltungsbranche. Der Konzern muss der gesunkenen Ausgabebereitschaft der Verbraucher in Zeiten hoher Inflation Rechnung tragen. Zugleich sinken die Erlöse im Kabel-TV in den USA.
Ein besonderes Problem ist aber das Streaming-Geschäft. Es wächst mit Diensten wie Disney+ zwar schnell, schreibt aber tiefrote Zahlen. Allein im vergangenen Quartal brachte es einen operativen Verlust von 1,47 Milliarden Dollar (1,42 Mrd. Euro) ein. Grund sind die hohen Kosten für aufwendig produzierte Filme und Serien, die bisher nicht von den Abo-Erlösen eingespielt werden. Chapek hatte in Aussicht gestellt, dass der Bereich zum September 2024 profitabel arbeiten soll. Für die Verluste kommen die nach der Pandemie-Auszeit boomenden Themenparks auf.
Mit dem jüngsten Quartalsgewinn von 162 Millionen Dollar verfehlte Disney die Erwartungen der Börse, die Aktie sackte weiter ab. Chapek kündigte Sparmaßnahmen wie ein Einstellungsstopp und einen Stellenabbau an. Zudem geriet Disney in diesem Jahr ins Visier aggressiver Investoren, die sich bei Unternehmen einkaufen und dann Veränderungen fordern. So forderte der Milliardär Dan Loeb zeitweise, den Sportsender ESPN abzustoßen.
Iger ist der Architekt des heutigen Disney-Konzerns. In seiner Ära kaufte der Unterhaltungsriese das Animationsstudio Pixar, die Firmen hinter der "Star Wars"-Reihe und den lukrativen "Marvel"-Filmen sowie das Hollywood-Studio 21st Century Fox. Und er brachte Disney auf der Zielgeraden seiner Amtszeit ins Streaming-Geschäft.
Chapek, der zuvor für die Themenparks zuständig war, hatte 2020 als von Iger selbst bevorzugter Nachfolger übernommen. Disney zog ihn Streaming-Chef Kevin Mayer vor, der sich Hoffnungen auf den Chefposten machte. Mayer verließt den Konzern und war zeitweise Chef der Video-Plattform Tiktok.
Zuletzt lagen Chapek und Iger aber laut Medienberichten im Streit. Der Wirtschaftssender CNBC berichtete, die Spannungen hätten schon frühzeitig mit einem Interview Igers angefangen, in dem dieser Chapek Unterstützung beim Meistern der Corona-Pandemie zugesichert hatte. Der neue Chef habe sich jedoch dadurch von seinem mächtigen Vorgänger bevormundet gefühlt, hieß es unter Berufung auf informierte Personen.
Iger war da auch noch als Vorsitzender des Verwaltungsrates Chapeks Chefaufseher und verließ diesen Posten erst vor elf Monaten. Ein Faktor in dem Zerwürfnis sei auch ein von Chapek durchgeführter Konzernumbau gewesen, bei dem die Etat-Verantwortung zentralisiert worden sei, berichtete CNBC bereits im März. Dadurch habe Disney zwar schneller Entscheidungen treffen können, die Chefs einzelner Sparten hätten aber viel Freiheit bei den Ausgaben verloren und seien unzufrieden gewesen, hieß es.
Als unglücklich galt unter Chapeks Führung auch Disneys Vorgehensweise in einem Streit mit der Schauspielerin Scarlett Johansson. Sie verklagte den Konzern wegen entgangener Einnahmen, nachdem ihr Film "Black Widow" in der Corona-Pandemie auch online veröffentlicht wurde. Disney konterte, dass Johansson bereits 20 Millionen Dollar bekommen habe. Der Streit wurde außergerichtlich beigelegt, ließ den Konzern aber schlecht dastehen./so/DP/zb