(neu: Kursentwicklung, Schlusskurs, Aktienkäufe Niehagen)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Erneut gesenkte Jahresziele und Kritik der Finanzaufsicht Bafin haben Flatexdegiro
Direkt zum Handelsstart sackten die Aktien um rund 38 Prozent auf 6,308 Euro ab, was den tiefsten Stand seit Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 bedeutete. Anschließend konnten sie den Absturz etwas abfedern mit Kursen bis auf fast acht Euro.
Für Vorstandschef Frank Niehage war der Kurseinbruch ein Grund zu kaufen. Über seine Beteiligungsgesellschaft legte er sich am Nachmittag reichlich Aktien zu im Volumen von gut einer Viertelmillion Euro, viele davon zu Kursen um die 7,30 Euro. Die Anleger teilten gleichwohl den Optimismus nicht. Im Gegenteil: zum Handelsende standen die Titel mit minus 36,71 Prozent auf 6,46 Euro fast wieder so tief wie zu Beginn, womit sie abgeschlagenes Schlusslicht im Nebenwerte-Index SDax
Flatexdegiro reagierte mit der Ankündigung einer Vorstandserweiterung sowie organisatorischen Veränderungen in der Leitung der Abteilungen Interne Kontrollen, Risikomanagement und Meldewesen auf die Bafin-Kritik. Darüber hinaus wurden eine deutliche Kapitalerhöhung der hauseigenen Flatexdegiro Bank AG aus eigenen Mitteln und die komplette Einbehaltung des diesjährigen Überschusses beschlossen. Und nachdem sich der Broker schon nach dem dritten Quartal von einem Teil seiner Jahresziele hatte verabschieden müssen, wurde der Ausblick auf den Umsatz ein weiteres Mal gesenkt. Zudem werde die bereinigte operative Marge (Ebitda) unter dem bisher angepeilten Vorjahreswert bleiben, hieß es.
Die Investmentbanken Exane BNP Paribas und Oddo BHF strichen daraufhin ihre bislang positiven Anlageempfehlungen und votieren für Flatexdegiro nun nur noch mit "Neutral". Exane-Analyst Christoph Blieffert sieht das Unternehmen nach einer Reihe schlechter Nachrichten auf einem holprigen Weg. Die von der Bafin angeordneten vorübergehenden zusätzlichen Eigenmittelanforderungen schränkten die Mittel für Übernahmen ein. Auch Kapitalausschüttungen an die Anleger seien so unwahrscheinlich, warnte Blieffert und revidierte seine Ergebnisschätzungen für das kommende Jahr deutlich nach unten.
Beim Ziel für den bereinigten operativen Gewinn liege der Frankfurter Online-Broker nun elf Prozent unter der durchschnittlichen Analystenerwartung, ergänzte Oddo-Experte Martin Marandon-Carlhian. Er sieht inzwischen keine Kurstreiber mehr für die Aktie. Und Mengxian Sun von der Deutschen Bank befürchtet nun, dass die durchschnittliche Markterwartung für das diesjährige Ergebnis je Aktie um 15 Prozent fallen wird.
Schon vor den jüngsten Hiobsbotschaften hatten die Anleger wenig Freude mit ihrem Investment in Flatexdegiro, wie die Kurshalbierung vom Jahresbeginn bis zum Handelsschluss am Freitag belegt. Inklusive des jüngsten Einbruchs summiert sich das Jahresminus nun auf 64 Prozent, womit Flatexdegiro zu den größten Verlierern im SDax zählt. Beim Nebenwerte-Index steht ein Rückgang um rund 23 Prozent zu Buche.
Lediglich diejenigen Anleger, die bei den Aktien noch vor der Corona-Krise zugegriffen haben, können sich über einen Wertzuwachs freuen. Als einer der größten Profiteure der Pandemie waren der Aktienkurs von März 2020 bis Mitte 2021 auf bis zu 29,70 Euro gestiegen, bevor es dann Stück für Stück wieder bergab ging./gl/ajx/stw/ajx/mis