HAMBURG (dpa-AFX) - Der Solar- und Windpark-Betreiber Encavis
Der seit Anfang des Jahres amtierenden Encavis-Chef Christoph Husmann wollte sich in einer Telefonkonferenz mit Investoren am Mittwoch nicht darauf festlegen, ob auch in den kommenden Jahren auf die Dividendenausschüttung verzichtet wird. Ihm sei bewusst, dass die gekappte Dividende für einige Anteilseigner schmerzvoll sei, sagte er. Es handle sich um den richtigen Schritt, der aber keine automatische Entscheidung für die Zukunft sei, sagte Husmann weiter. Ob sich die Anleger bald wieder über Ausschüttungen freuen dürfen, hänge von der Entwicklung der kommenden Jahre ab. Einer Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien erteilte der Manager auf Nachfrage eine Absage.
Analysten hatten damit gerechnet, dass die Ausschüttung vom Vorjahreswert von 30 Cent je Anteil leicht steigen wird. Bei 161 Millionen ausstehenden Aktien hätte dies eine Ausschüttung von rund 50 Millionen Euro bedeutet. Unter dem Strich verdiente Encavis vergangenes Jahr zwar nur fast halb so viel wie 2021. Bereinigt um nicht-zahlungswirksame Bewertungs- und Zinseffekte, die Abschreibungen nach sich ziehen, sowie latente Steuern stieg der Gewinn jedoch um über 30 Prozent auf 101 Millionen Euro. Analyst Jan Bauer vom Analysehaus Warburg Research sieht in dem Kursrücksetzer vom Mittwoch eine langfristige Kaufgelegenheit.
Mit einem Abschlag von zuletzt gut 7 Prozent auf 14,84 Euro bewegt sich die Aktie auf dem Niveau von Anfang vergangenen Jahres. Analyst Martin Tessier von der Investmentbank Stifel nannte die Ziele für 2027 auf den ersten Blick "imposant". Er geht von einer Pipeline-Leistung von 10 Gigawatt aus, die aber nicht aus eigener Kraft zu erreichen sei.
Mittelfristig will das Encavis-Management mit 5,8 Gigawatt mehr als das Zweieinhalbfache seiner heutigen Erzeugungskapazitäten ans Netz angeschlossen haben, hatte das Unternehmen bereits am Dienstagabend mitgeteilt. Husmann, der auch das Finanzressort betreut, beobachtet dabei vor allem eine verstärkte direkte Nachfrage von Industriekunden nach grünem Strom.
Der Umsatz soll bis 2027 auf 800 Millionen Euro steigen. Als um Sondereffekte bereinigter operativer Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (operatives Ebitda) sollen davon 520 Millionen Euro bleiben. Der ebenfalls bereinigte operative Barmittelfluss wird 2027 mit 450 Millionen Euro veranschlagt.
Im vergangenen Jahr hatte Encavis die eigentlich erst für 2025 avisierten operativen Gewinnziele erreicht, wie bereits seit den Mitte-Februar vorgelegten vorläufigen Zahlen klar war. Vor allem die hohen Strompreise hatten kräftig Rückenwind verliehen. Allerdings musste der Konzern auch einen Teil seiner Einnahmen wegen der in verschiedenen europäischen Staaten etablierten Strompreisbremse abgeben. Dieses hohe Niveau wird nach Einschätzungen des Vorstands dieses Jahr nicht zu halten sein.
Die Prognose für dieses Jahr sieht einen Umsatz von etwas mehr als 460 Millionen Euro vor, nach über 487 Millionen Euro im Vorjahr. Davon müssen allerdings noch fast 25 Millionen Euro durch die Strompreisbremse abgezogen werden. Diese wird auch 2023 Anwendung finden, sodass der Umsatz nach Abzug der Strompreisbremse bei 440 Millionen Euro erwartet wird.
Das operative Ergebnis soll von 350 auf voraussichtlich über 310 Millionen Euro zurückgehen. Den operativen Barmittelfluss erwartet Husmann bei mehr als 280 Millionen Euro - nach gut 327 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Das operative Ergebnis je Aktie soll den Vorjahreswert von 0,60 Euro je Aktie übertreffen./lew/zb/nas/stk