FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Rückkehr der Reiselust nach der Corona-Krise treibt die Lufthansa
An der Börse fiel der Aktienkurs am Morgen zeitweise um mehr als sechs Prozent. Zuletzt lag die Lufthansa-Aktie noch mit gut zwei Prozent im Minus bei 9,42 Euro und war damit zweitgrößter Verlierer im MDax
Nach Ansicht von Analysten lagen die Geschäftszahlen des Konzerns zwar weitgehend im Rahmen der Erwartungen. Auch die Aussagen des Vorstands zu den Geschäftsaussichten seien positiv. Branchenexperte Jarrod Castle von der Schweizer Großbank UBS hatte allerdings schon damit gerechnet, dass Anleger am Mittwoch erst einmal Kursgewinne mitnehmen. So wurde die Lufthansa-Aktie zuletzt auch nach dem jüngsten Kursverlust noch gut ein Fünftel teurer gehandelt als zum Jahreswechsel.
Die Lufthansa-Spitze macht ihren Optimismus an der starken Buchungslage und den gestiegenen Ticketpreisen fest. So rechnet Vorstandschef Carsten Spohr in diesem Jahr weiterhin mit einem bereinigten operativen Gewinn deutlich über den 1,5 Milliarden Euro von 2022. Da war die Lufthansa nach zwei herben Verlustjahren und der Rettung durch den Staat in der Corona-Krise klar in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt. Hatte der Konzern den Gewinn 2022 noch vor allem einem Rekordergebnis seiner Frachtsparte Lufthansa Cargo verdankt, sollen 2023 auch die Passagier-Airlines wieder deutliche Profite einbringen.
Dazu sollen neben deutlich höheren Fluggastzahlen die gestiegenen Ticketpreise beitragen. Im ersten Quartal lagen die Durchschnittserlöse im Passagiergeschäft des Konzerns bereits 19 Prozent höher als im gleichen Zeitraum vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019. Im zweiten Quartal könnten sie sogar bis zu 25 Prozent höher liegen als im entsprechenden Vorkrisen-Zeitraum, hieß es.
Das liegt nicht nur an gestiegenen Kosten, etwa für Personal und Treibstoff. Noch immer bieten Airlines in Europa weniger Flüge an als vor der Pandemie, auch weil die Flugzeughersteller Airbus
Nachdem Streiks an vielen Airports den Flugverkehr in Deutschland zuletzt für viele Ausfälle gesorgt hatten, ist auch der Lufthansa-Konzern vor Ausständen seiner Beschäftigten in diesem Jahr nicht gefeit. "Das Streikrisiko bleibt aufgrund offener Tarifverträge im Konzern bestehen", heißt es im Quartalsbericht. Die Lufthansa nennt dabei vor allem die Piloten und Flugbegleiter der Tochter Eurowings Deutschland. Auch bei der Kernmarke Lufthansa und bei Lufthansa Cargo nehme das Risiko von Arbeitskampfmaßnahmen zu, wenn die vereinbarte Friedenspflicht Ende Juni auslaufe.
Im ersten Quartal boten die konzerneigenen Passagier-Airlines Lufthansa, Swiss, Austrian, Brussels und Eurowings erst 75 Prozent der Flugkapazität im Vergleich zum Jahr 2019 an. Im laufenden zweiten Quartal sollen es 82 Prozent werden, für das Gesamtjahr hat der Vorstand weiterhin 85 bis 90 Prozent im Auge. Weil die hohe Nachfrage auf ein vergleichsweise knappes Angebot trifft, kann der Konzern bei den Kunden höhere Ticketpreise durchsetzen.
In den ersten drei Monaten des Jahres beförderten die Airlines des Konzerns kapp 22 Millionen Fluggäste. Das waren rund zwei Drittel mehr als ein Jahr zuvor, als die Einschränkungen wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus die Buchungszahlen noch stark belastet hatten. Der Umsatz sprang um 40 Prozent auf gut 7 Milliarden Euro nach oben, und der saisontypische operative Verlust vor Sondereffekten (bereinigtes Ebit) schrumpfte um mehr als die Hälfte auf 273 Millionen Euro.
Im Passagiergeschäft konnte der Lufthansa-Konzern seinen bereinigten operativen Verlust auf 512 Millionen Euro mehr als halbieren. Die Frachttochter Lufthansa Cargo warf hingegen deutlich weniger Gewinn ab, nachdem sie ein Jahr zuvor wegen Engpässen in den weltweiten Lieferketten ein Rekordergebnis eingeflogen hatte. Der bereinigte operative Gewinn lag mit 151 Millionen Euro rund 70 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum.
Die Wartungstochter Lufthansa Technik profitierte indes von dem gewachsenen Flugverkehr und steigerte ihr Ergebnis um rund fünf Prozent auf 135 Millionen Euro. Die vor dem Verkauf stehende Catering-Tochter LSG verringerte ihr operatives Minus von 14 Millionen auf 6 Millionen Euro.
Der Nettoverlust verringerte sich indes nur um ein Fünftel auf 467 Millionen Euro. Die Lufthansa erklärte dies auch mit Kosten für die geplante Ausweitung des Flugbetriebs im Sommer und mehreren Streiks an deutschen Flughäfen.
Und auch die geplante Trennung vom verbliebenen Catering-Geschäft zehrte am Ergebnis: Weil der Anfang April vereinbarte Verkauf an den Finanzinvestor Aurelius weniger einbringt, als der Geschäftsbereich in den Büchern wert war, musste die Lufthansa 40 Millionen Euro abschreiben. Zum Kaufpreis hatten beide Seiten keine Angaben gemacht./stw/mne/mis