VENLO (dpa-AFX) - Beim Diagnostikspezialisten und Labordienstleister Qiagen
An der Börse zeigten sich die Anleger am Donnerstag entsprechend zufrieden, die Aktie führte den Dax zuletzt mit einem Plus von mehr als zweieinhalb Prozent an. Dass der Konzern seine Prognose bestätigt habe, reiche angesichts eher verhaltenen Erwartungen für einen Kurssprung aus, sagte ein Händler. Die Aktie war erst Ende April auf ein Tief seit mehr als einem Jahr gefallen, bevor sie sich wieder etwas erholt hatte. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier aber noch mehr als elf Prozent an Wert eingebüßt.
Zum Jahresauftakt waren die Gesamterlöse um 23 Prozent auf 485 Millionen US-Dollar (441,5 Mio Euro) zurückgegangen, wie der Konzern am späten Mittwochabend mitgeteilt hatte. Dabei war der Umsatz mit Produkten mit Covid-Bezug sogar um drei Viertel eingebrochen, das übrige Geschäft erzielte jedoch ein Wachstum von 8 (währungsbereinigt 12) Prozent.
Gewinnseitig fiel der Rückgang im ersten Quartal noch stärker aus als auf Umsatzebene. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis je Aktie schrumpfte um mehr als ein Drittel auf 0,51 Dollar, nach 0,80 Dollar vor einem Jahr. Unter dem Strich erzielte Qiagen 85 Millionen Dollar Gewinn, das waren im Vergleich 45 Prozent weniger. Die Gewinnkennziffern fielen im Vergleich zu den Prognosen am Markt etwas schwächer aus, was Berenberg-Experte Odysseas Manesiotis auf gestiegene Forschungs- und Entwicklungskosten zurückführte. Auf Umsatzebene schnitt der Konzern aber besser ab, und Qiagens eigene Prognosen wurden durch die Bank übertroffen.
Finanzvorstand Roland Sackers zeigte sich während einer Videokonferenz mit dem Geschäftsverlauf im vergangenen Quartal zufrieden. Er verwies auf das starke Wachstum im Kerngeschäft abseits Corona. "Diese Mischung macht uns zuversichtlich", so Sackers. Dies beweise, dass Qiagen auf die richtige Strategie mit dem Ausbau seiner fünf wichtigsten Wachstumsträger setze. Hierzu gehören etwa Probentechnologien, mehrere Diagnostikgeräte und der Tuberkulosetest Quantiferon, der zum Jahresauftakt mit einem Umsatzplus von 17 Prozent herausstach. Insgesamt stehe Qiagen aber vor keinem einfachen Jahr, ergänzte der Finanzvorstand.
Das Führungsteam um Qiagen-Lenker Thierry Bernard richtet sich unverändert für das Jahr auf hohe Einbußen bei Erlös und Ergebnis ein. Das zu konstanten Wechselkursen angepeilte prozentual zweistellige Wachstum im Nicht-Corona-Geschäft dürfte den voraussichtlich deutlichen Umsatzrückgang bei den Produkten mit Corona-Bezug nicht ausgleichen können. 2023 dürfte daher das zweite schwächere Jahr infolge werden.
Es werde kaum noch präventiv getestet, erläuterte Sackers. Das zusätzliche Corona-Geschäft, dass der Konzern in der Pandemie gemacht habe, werde sich bis Jahresende komplett verflüchtigen. Weil aber bereits vor dem weltweiten Ausbruch des Virus bestimmte Umsätze mit Produkten erzielt wurden, die Qiagen später dem Corona-Portfolio zuzählte, bleibe dem Konzern wohl ein gewisses Umsatzniveau erhalten, stellte der Finanzvorstand klar. Für dieses Jahr sind daher noch etwa 200 Millionen Dollar als covid-bezogener Umsatz angepeilt. Ab dem Jahr 2024 werde Qiagen dann voraussichtlich in seiner Bilanz nicht weiter zwischen Produkten mit und ohne Corona-Bezug unterscheiden.
Für das zweite Jahresviertel peilt Qiagen nun einen Umsatz von mindestens 490 Millionen Dollar an und einen bereinigten Gewinn je Aktie von mindestens 0,50 Dollar an - beides gerechnet zu konstanten Wechselkursen. Zum Vergleich: Vor einem Jahr hatte der Konzern 516 Millionen Dollar erlöst, das bereinigte Ergebnis war bei 0,51 Dollar herausgekommen.
Qiagen war kurz vor und auch während der Pandemie noch als Übernahmekandidat gehandelt worden, hatte durch Corona aber einen extremen Aufschwung erlebt. Der Konzern hält nun selbst Ausschau nach Kaufoptionen, im Frühjahr wurde bereits der Geschäftspartner Verogen übernommen. Zudem hat der Konzern das zusätzliche Geld aus der Pandemie für Investitionen genutzt./tav/jsl/jha/