(neu: Hintergrund aus Unternehmenspräsentation, Kurs)
BIETIGHEIM-BISSINGEN (dpa-AFX) - Der Maschinenbauer Dürr
An der Börse schoben die Nachrichten die Dürr-Aktie gleich zum Börsenstart deutlich an. Auch am Nachmittag behauptete das Papier mit einem Kursplus von rund viereinhalb Prozent auf 29,88 Euro weiter seinen Spitzenplatz MDax, dem Index der mittelgroßen Börsenwerte. Der Kurs ist ohnehin im Aufwärtsmodus, seitdem er im Mai nach einer längeren Konsolidierung auf den tiefsten Stand seit Anfang November 2022 gefallen war. Dank der jüngsten Kursgewinne ist das Minus seit dem Jahreswechsel inzwischen auf rund fünf Prozent geschmolzen. Der Zukauf von BBS Automation sei ein guter strategischer Schritt, sagte ein Aktienhändler. Der Preis erscheine "okay".
Mit der Automatisierungstechnik setzt Dürr auf einen Wachstumsmarkt. Der zunehmende Mangel an qualifizierten Arbeitskräften etwa macht automatisierte Prozesse zunehmend notwendig. Dürr sieht BBS laut einer Präsentation als eine "perfekte Ergänzung für unsere Wachstumsstrategie in der Automatisierung".
Dürr erhofft sich von dem BBS-Deal eine Kostenersparnis durch Synergien von rund 10 Millionen Euro jährlich sowie mehr als 50 Millionen Euro Umsatzsynergien pro Jahr. Bereits 2024 will der Konzern seinen Umsatz in der Automatisierungstechnik auf rund eine halbe Milliarde Euro steigern. In etwa diesen Wert hatte Dürr ursprünglich bis 2030 avisiert. Der Maschinenbauer hatte den Bereich bereits in den vergangenen Jahren mit den Übernahmen der Unternehmen Teamtechnik und Hekuma ausgebaut. Zum Vergleich: Für 2023 peilt Dürr insgesamt einen Konzernumsatz von 4,5 bis 4,8 Milliarden Euro an.
Verkäufer von BBS ist ein Konsortium rund um den schwedischen Finanzinvestor EQT, der 2018 bei dem Automatisierungsspezialisten eingestiegen war. Um den Deal zu stemmen, zieht Dürr nun eigene freie Barmittel heran sowie vorhandene Finanzierungsinstrumente und eine Brückenfinanzierung über 500 Millionen Euro.
BBS Automation mit Hauptsitz in Garching bei München entwickelt nach eigenen Angaben flexible Automatisierungslösungen für komplexe Fertigungs- und Prüfprozesse. Mehr als die Hälfte des geplanten Umsatzes soll 2023 aus Automatisierungstechnik für die Produktion von Autoteilen vor allem im Bereich Elektromobilität stammen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Medizintechnik, die rund ein Fünftel in diesem Jahr zum BBS-Gesamterlös beisteuern soll. Das vor zehn Jahren gegründete Unternehmen beschäftigt rund 1200 Menschen und verfügt über 14 Standorte - neben Deutschland unter anderem in Italien, Polen, Nordamerika und China.
Auch nach der Übernahme soll Firmengründer Josef Wildgruber BBS Automation weiter leiten. Unter dem Dach des Dürr-Konzerns solle das Unternehmen profitabel wachsen, hieß es in der Mitteilung weiter. Nach voraussichtlich 300 Millionen Euro Umsatz 2023 soll der Erlös von BBS 2026 auf 400 bis 450 Millionen Euro steigen. Die Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll in drei Jahren bei 13 bis 15 Prozent liegen. Die Ziele lägen damit im Einklang der eigenen Wachstums- und Ertragsziele von Dürr.
Für das laufende Jahr rechnet Dürr hingegen damit, dass die Transaktion die eigenen Ziele nicht wesentlich beeinflusst. Lediglich die Prognose für den Nettofinanzstatus ändere sich abhängig vom Unternehmenswert der BBS, welcher den Übernahmepreis bestimmt, auf minus 490 bis minus 540 Millionen Euro. Zuvor hatte dieses Ziel noch bei minus 50 bis minus 100 gelegen.
Die zuletzt zur Quartalsbilanz im Mai bestätigten weiteren Ziele von Dürr sehen einen Anstieg von Umsatz, bereinigter Betriebsmarge und Nachsteuerergebnis vor, während der Auftragseingang nach dem Rekord im Vorjahr sinken dürfte./tav/stw/jha/