BIRKENFELD (dpa-AFX) - Die sinkende Nachfrage bei seinen Kunden macht dem Diagnostikspezialisten Stratec
Am Morgen ging es für das Papier zeitweise um gut 17 Prozent nach unten auf ein Tief seit März 2020. Genau damals begann der Höhenflug der Aktie, denn Stratecs Produkte waren in der Pandemie hochbegehrt. Doch inzwischen ist dies längst Vergangenheit. Das Hoch bei 147,40 Euro im Spätsommer 2021 ist meilenweit entfernt, inzwischen kostet eine Aktie nur noch gut ein Drittel. Nach einem nahezu ungebrochenen Abwärtstrend 2022 hat das Papier auch in diesem Jahr bereits deutlich verloren - seit dem Jahreswechsel summiert sich das Minus inzwischen auf fast 37 Prozent.
Analysten zeigten sich zur Wochenmitte enttäuscht. Berenberg-Experte Odysseas Manesiotis sprach von einem "schwachen ersten Halbjahr" und geht davon aus, dass die Markterwartungen an das Ergebnis je Aktie für 2023 nun um rund ein Fünftel sinken dürften.
Vorläufigen Berechnungen von Stratec zufolge war der gesamte Konzernerlös im ersten Halbjahr im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 8,9 Prozent auf 125 Millionen Euro gesunken. Insgesamt lägen die Ergebnisse des ersten Halbjahres leicht unter den eigenen Erwartungen, hieß es vom Unternehmen in einer Mitteilung vom Dienstagabend.
Jan Koch, Analyst bei der Deutschen Bank, erklärte, das zweite Quartal sei deutlich schlechter ausgefallen als von ihm gedacht. Der Umsatz habe trotz eines leichten Anstiegs um 16 Prozent unter seinen Erwartungen gelegen. Noch mauer sehe das Betriebsergebnis aus, das um fast die Hälfte gefallen sei - der Wert liege um 64 Prozent unter seinen eigenen Prognosen.
Das Stratec-Management nannte zahlreiche Gründe für die schwache Entwicklung und die Kürzung der Ziele. So sinkt die Nachfrage nach genau jenen Laborlösungen von Stratec in der In-vitro-Diagnostik, die in der Corona-Pandemie durch die vielen Covid-Tests einen erheblichen Aufschwung erlebt hatten. Viele Kunden bauten nun ihre Lagerbestände ab. Auch seien von Stratec belieferte Labore derzeit geringer ausgelastet und benötigten daher weniger Ersatzteile als zunächst gedacht. Hatte sich das Bestellverhalten zunächst zu Jahresbeginn etwas erholt, hätten sich die Aufträge und Auftragsprognosen für das zweite Halbjahr zuletzt wieder deutlich reduziert.
Laut der neuen Prognose dürfte der um Währungseffekte bereinigte Umsatz in diesem Jahr lediglich auf dem Vorjahresniveau von knapp 275 Millionen Euro stagnieren oder maximal leicht steigen, wobei auch der zum 1. Juli vollzogene Zukauf des US-Unternehmens Natech Plastics beitragen soll. Zuvor war das Management noch ohne Natech und Wechselkurseffekte von einem Umsatzzuwachs für 2023 um acht bis zwölf Prozent ausgegangen. Die Markterwartungen hatten bislang zumindest am unteren Ende der Spanne gelegen.
Für das Gesamtjahr reduzierte der Konzern auch seine Ziele für die bereinigte operative Marge, gemessen am Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im Verhältnis zum Umsatz. Gekürzt um je zwei Prozentpunkte am oberen und unteren Ende rechnet Stratec lediglich noch mit einer Bandbreite von zehn bis zwölf Prozent. Im ersten Halbjahr war die Marge von zuvor 15,4 auf 5,6 Prozent gefallen. Preisanhebungen, mehr Kostendisziplin im Einkauf und das bereits im Frühjahr verkündete Sparprogramm sollen jedoch helfen, die Profitabilität in der zweiten Jahreshälfte zumindest schrittweise wieder zu verbessern. Gleichwohl dürfte das Auftragsverhalten der Kunden weiter stark schwanken, so Stratec.
Probleme bereitete Stratec zuletzt unter anderem auch ein rückläufiges Geschäft mit Diagnostiklösungen für die Tiermedizin. In diesem Zusammenhang verwies der Konzern auf Lieferrückstände bei einem Kunden, die sich durch unerwartete Verzögerungen bei der Überführung eines neuen Systems in die Serienproduktion ergeben hätten.
Ferner habe ein Kunde ein System im fortgeschrittenen Stadium gekündigt - ein Schritt, der aus Sicht des Managements nicht vertragskonform gewesen ist. Hier rechnet die Konzernführung fest mit einem Ausgleichspaket - dieses sei aber noch nicht verhandelt worden und daher in den Plänen für 2023 nicht enthalten.
Endgültige Zahlen will Stratec am 9. August vorlegen./tav/mne/stk