(neu: Aufmachung, weitere Aussagen von UBS-Chef Ermotti zu Marke und Integration, Stellenzahl, Kursreaktion sowie Analystenstimmen)
ZÜRICH (dpa-AFX) - Nach der Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS
An der Börse kamen die Neuigkeiten gut an. Der Aktienkurs der UBS schnellte am Vormittag zeitweise um sieben Prozent nach oben und erreichte den höchsten Stand seit dem Weltfinanzkrisenjahr 2008. Zuletzt lag das Papier mit 4,5 Prozent im Plus bei 23,17 Schweizer Franken und war damit weiterhin klarer Spitzenreiter im Schweizer Leitindex SMI
Auch Branchenexperten reagierten positiv auf die Zahlen. Analyst Benjamin Goy von der Deutschen Bank lobte die überraschend gute Kapitalsituation. Und Flora Bocahut vom Investmenthaus Jefferies zeigte sich von den neuen Geschäftszielen angetan. Allerdings bleibe die Integration der Credit Suisse eine langwierige Aufgabe, schrieb sie am Morgen.
Die UBS verdankt ihren Rekordgewinn dem niedrigen Preis, den sie für ihre einstige Konkurrentin bezahlen musste. Weil die Credit Suisse in eine gefährliche Schieflage geraten war, bekam die UBS sie für lediglich 3 Milliarden Franken (3,1 Mrd Euro). Da der Buchwert des Instituts jedoch um ein Vielfaches höher lag, konnte sich die UBS jetzt einen sogenannten negativen Goodwill in der Bilanz gutschreiben. Dieser machte praktisch den gesamten Quartalsgewinn aus, während die Kosten von Übernahme und Integration das Ergebnis belasteten.
Die Krise der Credit Suisse hatte nach zahlreichen Skandalen schon Ende 2022 begonnen und sich nach dem Kollaps der US-amerikanischen Silicon Valley Bank im März weiter verschärft. Das Institut verlor noch mehr Vertrauen seiner Kunden, und diese zogen im großen Stil Gelder ab. Der Credit Suisse drohte das Geld auszugehen.
Die UBS kaufte ihre bisherige Konkurrentin schließlich auf Drängen der Politik, um eine drohende Bankenkrise zu verhindern. Regierung und Notenbank stützten den Deal mit einem Garantiepaket von mehr als 100 Milliarden Franken. Vollzogen wurde die Übernahme im Juni. Bereits im August gab die UBS die staatlichen Garantien wieder zurück.
Die Übernahme sei insgesamt nötig gewesen, sagte UBS-Chef Sergio Ermotti am Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Dies hätten die Analysen der vergangenen Wochen bestätigt. Ihm zufolge hätte die Bank nicht mehr alleine überleben können - und dies habe nicht nur an der Liquidität gelegen.
Dass die UBS jetzt auch das Schweiz-Geschäft der Credit Suisse komplett schlucken will, nannte der Manager die "bei weitem" beste Lösung. In der Schweiz hatte jedoch manch ein Politiker gehofft, dass die UBS diesen Bereich abspalten und an die Börse bringen würde. Denn durch den Zusammenschluss gibt es in der Schweiz nur noch eine einzige heimische Großbank - und damit weniger Wettbewerb.
Die UBS hält ihren Kritikern entgegen, dass alle Kantonalbanken in dem Land zusammen weiterhin den größten Marktanteil im Privat- und Geschäftskundensegment hielten. Die UBS werde nach dem Zusammenschluss lediglich über das drittgrößte Filialnetz der Schweiz verfügen.
Bei der Integration macht die UBS-Führung jetzt Tempo. Die rechtlichen Einheiten der beiden Banken sollen schon im kommenden Jahr zusammengeführt werden. Und die Marke Credit Suisse soll nur noch so lange leben, bis alle Kunden technisch auf die Systeme der UBS übertragen worden sind. Dieser Schritt soll im Jahr 2025 abgeschlossen sein. Allerdings wollte Ermotti am Donnerstag nicht ausschließen, dass die Bank die Marke Credit Suisse in Zukunft doch wieder verwendet.
Allein in der Schweiz dürfte die Integration der Credit Suisse zu etwa 3000 Entlassungen führen, sagte Ermotti. Ein Großteil der Einsparungen solle durch natürliche Fluktuation, Pension und Verlagerung erzielt werden. Medien hatten den zu erwartenden Jobabbau zuvor auf insgesamt rund 30 000 bis 35 000 Stellen beziffert - allerdings mit Blick auf den gesamten Konzern. Ende Juni zählte die fusionierte Bank insgesamt 119 100 Vollzeitstellen.
Während sich die UBS-Führung zum Gesamtumfang des Stellenabbaus weiterhin bedeckt hält, geben die geplanten Einsparungen eine Richtung vor. So sollen die Kosten des Konzerns bis zum Jahr 2026 statt um 8 Milliarden Dollar jetzt um mehr als 10 Milliarden Dollar sinken. Die Kosten der Integration sollen weitgehend durch Wertsteigerungen von 12 Milliarden Dollar bei den Vermögenswerten aufgefangen werden.
Bis Ende 2026 will die UBS den Zusammenschluss dann auch organisatorisch abgeschlossen haben. Bis dahin soll auch das Verhältnis von Kosten und Erträgen wieder in ein angemessenes Verhältnis kommen: Für einen Dollar Ertrag sollen dann weniger als 70 Cent an Kosten anfallen. Die Rendite auf das harte Kernkapital (RoCET1) soll sich der Marke von 15 Prozent annähern. Vor der Fusion im vergangenen Jahr hatte die UBS alleine eine Rendite von 17 Prozent erzielt, während die Credit Suisse tief in der Verlustzone steckte.
Im zweiten Quartal sammelte die UBS weiteres Geld von Kunden ein. In der Vermögensverwaltung, dem Bereich Global Wealth Management, erzielte sie mit 16 Milliarden Dollar nach eigenen Angaben den höchsten Nettoneugeldzufluss in einem zweiten Quartal seit mehr als zehn Jahren. Insgesamt verwaltete die UBS-Bankengruppe Ende Juni Vermögen in Höhe von gut 5,5 Billionen Dollar. Ende März - vor der Übernahme der Credit Suisse - waren es noch knapp 4,2 Billionen gewesen.
Für den weiteren Geschäftsverlauf zeigte sich das Management optimistisch. So rechnet die Bankführung mit weiteren Geldzuflüssen in der Vermögensverwaltung und im Fondsgeschäft. Allerdings stellte die UBS für das laufende dritte Quartal vor Steuern und ohne Sondereffekte aus der Übernahme lediglich ein Ergebnis um die Nulllinie in Aussicht. Im gesamten zweiten Halbjahr soll auf dieser Basis ein Gewinn herauskommen./stw/jcf/jha/