(neu: Aktueller Kurs)
KOBLENZ (dpa-AFX) - Der Autozulieferer Stabilus
Die Koblenzer wollen nur etwa ein Viertel aus eigener Tasche zahlen, der Löwenanteil soll mit Fremdkapital beglichen werden. Der Zukauf soll im ersten Halbjahr 2024 abgeschlossen werden, sofern die zuständigen Behörden grünes Licht geben.
Wie aus Unternehmensunterlagen hervorgeht, sollen dem bisherigen Eigentümer Dover Corporation rund 150 Millionen Euro aus der eigenen Kasse gezahlt werden. Der Rest soll zu gleichen Teilen als revolvierende Kreditfazilität sowie Brückenfinanzierung beglichen werden. Stabilus bezeichnete das Vorhaben als "wichtigen nächsten Schritt", um die Langfriststrategie umsetzen zu können.
Nach Ansicht von Konzernchef Stefan Bauerreis dürfte die Nachfrage nach Automatisierungsmöglichkeiten von Produktionsprozessen in den kommenden Jahren steigen. Zum einen gebe es eine Rückverlagerung von Produktionsstätten aus Schwellenländern zurück in die Industriestaaten wie etwa Deutschland. Weil dort aber Fachkräfte fehlen, müssten Prozesse automatisiert werden.
Auch intern stellt das Unternehmen an seinem Hauptsitz Koblenz deutlich um. So will der Automobilzulieferer zehn Millionen Euro in die Modernisierung und Automatisierung stecken. Gleichzeitig sollen weitere Stellen abgebaut werden. Damit solle der Konzern "zukunftsfähig" aufgestellt werden.
Der Stabilus-Vorstand hofft durch die Übernahme auf einen deutlichen Schub für die Bilanz. Inklusive Synergien solle der Erlös bis 2028 jährlich um rund neun Prozent zulegen. Die operative Marge (Ebit-Marge) soll auf rund 23 Prozent steigen. Einsparungen von mehr als 50 Millionen Euro sollen durch einen "gemeinsamen Marktauftritt, einem breiteren Kundenkreis und einem komplementären Produktangebot" entstehen.
In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres (per Ende September) hatte Stabilus knapp 910 Millionen Euro umgesetzt, davon blieben 12,7 Prozent als operatives Ergebnis (Ebit) übrig.
Nach Stabilus-Angaben setzte Destaco im vergangenen Geschäftsjahr 213 Millionen US-Dollar um. Davon blieb ein Fünftel als Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) übrig. Das 1915 in Auburn Hills (US-Bundesstaat Michigan) gegründete Unternehmen beschäftigte zu dem Zeitpunkt rund 650 Mitarbeiter. Das Stabilus-Management versprach, die gesamte Belegschaft sowie alle 13 Standorte übernehmen zu wollen. Destaco soll als eigenständige Marke unter dem Konzerndach fortgeführt werden.
Die Stabilus-Aktien gaben als erste Reaktion auf die Transaktion bis zu knapp zwei Prozent nach, drehten dann aber am Vormittag mit bis zu neun Prozent ins Plus. Zuletzt zog der Kurs um acht Prozent auf rund 57 Euro an und erreichte damit den höchsten Stand seit fast vier Monaten. Zudem durchbrachen sie mit der einfachen 100-Tage-Linie für den mittelfristigen Trend und der exponentiellen 200-Tage-Linie für die längerfristige Entwicklung wichtige charttechnische Widerstände.
Händler hoben besonders hervor, dass Stabilus durch die Übernahme des Industrieautomatisierung-Spezialisten von Anfang an einen positiven Ergebnisbeitrag erwarte. JPMorgan-Analyst Akshat Kacker sprach von einer "transformativen Akquisition", die ein wichtiger Schritt in der Umsetzung der langfristigen Unternehmensstrategie sei. Der Anteil des Industriegeschäfts am Gesamtumsatz steige damit auf fast die Hälfte, wobei die Produkte der Amerikaner das Stabilus-Portfolio ergänzten.
Auch Warburg-Experte Marc-René Tonn lobte in einer ersten Reaktion das Geschäft. Der Konzern verbessere die Wachstumsaussichten und die Rentabilität durch eine Stärkung seines Industriegeschäfts und der globalen Präsenz. Dabei setze Stabilus mit der Industrie-Automatisierung auf einen Megatrend, "der durch die Verlagerung von Industriestandorten und den gleichzeitigen Arbeitskräftemangel (und die hohen Kosten) in diesen Regionen angeheizt wird".
Der Kaufpreis erscheint dem Experten angemessen angesichts eines seiner Meinung nach "konservativ" berechneten Wachstums-, Margen- und Synergiepotenzials. Als positiv bewertete Tonn auch, dass für die Übernahme keine Kapitalerhöhung notwendig werde. Solche Finanzierungsmethoden kommen an der Börse in der Regel schlecht an, da durch die Ausgabe neuer Aktien tendenziell der Wert für die Altaktionäre sinkt./ngu/knd/tih/tav/zb/he