ESSEN (dpa-AFX) - Die träge Weltwirtschaft hat dem Chemiekonzern Evonik
Die Wertberichtigung dürfte die Frage aufwerfen, ob die aktuellen Erwartungen hinsichtlich des Verkaufspreises erfüllt werden können, schrieb Analyst Konstantin Wiechert von der Baader Bank in einer ersten Einschätzung am Morgen. Immerhin: die mittlere Erwartung für den operativen Konzerngewinn 2023 könnte erreicht werden. Für den Aktienkurs ging es am Vormittag um gut ein Prozent auf 17,78 Euro nach oben. Damit knüpften die Papiere an ihre jüngste Erholung an, 2023 notieren sie noch leicht im Minus.
Die Veräußerung ist Teil des Konzernumbaus mit der angestrebten Trennung vom Geschäft mit Standardchemikalien der Sparte Performance Materials, zu der neben den Superabsorbern auch der C4-Verbund rund um petrochemische Zusätze für Kautschuk, Kunststoffe und Spezialchemikalien zählt. Während es bei den Superabsorbern nun schnell gehen könnte, hatte Kullmann in der Vergangenheit mit Blick auf den C4-Verbund immer wieder betont, dass kein Zeitdruck bestehe. Er dürfte auf wirtschaftlich besser Zeiten warten, um dann einen höheren Preis bei einem Verkauf oder der Einbringung in ein Gemeinschaftsunternehmen zu erzielen.
Das Geschäft mit Produkten des C4-Verbunds verzeichnete im dritten Quartal zwar eine stabile Nachfrage, der Umsatz ging jedoch infolge spürbar niedrigerer Preise zurück. Im Bereich Superabsorber schwächelte indes die Nachfrage vor allem in Europa.
Leichte Erholungstendenzen zumindest im Quartalsvergleich verzeichnete das Geschäft mit dem Tierfutter-Eiweiß Methionin der Sparte Nutrition & Care. Dabei spielten auch geplante Wartungsstillstände bei Evonik und Wettbewerbern eine Rolle. Kunden dürften daher Methionin-Lager jüngst aufgefüllt haben.
In Summe schwächelte Nutrition & Care damit zwar immer noch deutlich im Jahresvergleich, allerdings weit weniger als die beiden anderen zu Wachstumsbereichen erklärten Segmente Smart Materials und Specialty Additives. Letzteres litt unter einer schwachen Nachfrage nach Zusatzstoffen für Materialien für die Bau- und Autoindustrie; und auch der Bereich Smart Materials rund um neuartige Materialien etwa für die Elektromobilität, Desinfektionsmittel und Beschleuniger für chemische Prozesse bekam eine weiterhin triste Nachfrage zu spüren.
Um das schwierige Umfeld zu kontern, tritt die Unternehmensführung schon seit einer Weile auf die Kostenbremse, etwa durch die Nicht-Nachbesetzung frei werdender Stellen, den Verzicht auf externe Dienstleister und auf Dienstreisen. Bis Ende September wurden dadurch etwa 175 Millionen Euro eingespart, Ziel für 2023 bleiben 250 Millionen Euro. Die Maßnahmen sollen 2024 fortgesetzt werden.
Darüber hinaus wird Evonik in den kommenden Jahren die Verwaltung spürbar straffen. Entsprechende Pläne wurden im September vorgestellt. Drei große Standorte in Europa will das Unternehmen künftig nicht mehr selbst betreiben. Ein Team von Managern soll zudem ein Modell für eine vollständig neue Verwaltung des Konzerns ausarbeiten.
Im abgelaufenen dritten Quartal fiel der Umsatz letztendlich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 23 Prozent auf 3,77 Milliarden Euro. Als um Sondereffekte bereinigter Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) blieben 485 Millionen Euro übrig und damit zwar etwas mehr als im Vorquartal, aber 21 Prozent weniger als vor einem Jahr. Unter dem Strich fiel wegen der Superabsorber-Abschreibung ein Verlust von 96 Millionen Euro an nach plus 214 Millionen vor einem Jahr.
Immerhin: Der freie Finanzmittelzufluss stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 63 Prozent auf 469 Millionen Euro, auch dank Investitionseinschränkungen und einer günstigen Entwicklung des Betriebskapitals.
Den im Sommer gesenkten Jahresausblick bestätigte Evonik-Chef Christian Kullmann am Dienstag. Umsatz und operatives Ergebnis werden demnach deutlich fallen, und zwar auf 14 bis 16 Milliarden Euro sowie auf 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro. Am Markt werden aktuell gut 1,7 Milliarden Euro erwartet./mis/knd/stk