BOCHUM (dpa-AFX) - Thyssenkrupp
Zwei Milliarden Euro Verlust
Im Ende September beendeten Geschäftsjahr 2022/23 hatten milliardenschwere Wertberichtigungen auf das Stahlgeschäft den Konzern tief in die roten Zahlen gedrückt. Unter dem Strich stand ein Verlust von rund zwei Milliarden Euro. Aktionäre sollen dank eines deutlich verbesserten Mittelzuflusses dennoch eine unveränderte Dividende in Höhe von 0,15 Euro je Aktie erhalten. Der Umsatz ging um neun Prozent auf 37,5 Milliarden Euro zurück.
Der Traditionskonzern mit seinen rund 100 000 Beschäftigten ist seit Jahren im Umbruch. Derzeit ist etwa eine Verselbstständigung der beiden großen Bereiche Stahl und Marine-Schiffbau geplant. López hat dem Konzern kurz nach Amtsantritt außerdem ein Programm verordnet, das die Leistungsfähigkeit steigern soll.
Erste Hauptversammlung mit López
Es war das erste Aktionärstreffen mit López, der im Juni vergangenen Jahres das Ruder seiner Vorgängerin Martina Merz übernommen hatte. Außerdem ist es die erste Präsenz-Hauptversammlung des Traditionskonzerns nach der Corona-Pandemie.
Aktionärsvertreter kritisieren Vorstand
Aktionärsvertreter kritisierten den Vorstand. "Das Management ist gegenüber dem Kapitalmarkt eine Begründung schuldig, warum Investoren noch Kapital bereitstellen sollen", sagte Daniel Vos von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Christian Röhl von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz nannte die negative Entwicklung des Aktienkurses ein "dauerndes Misstrauensvotum der Börse". Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment forderte López auf, neben "Entschlossenheit auch Handlungsfähigkeit" zu zeigen.
IG Metall: López umgeht Mitbestimmung
Rund 250 Thyssenkrupp-Beschäftigte hatten vor Beginn der Hauptversammlung vor dem Bochumer Kongresszentrum für eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmerseite an der künftigen Ausrichtung des Konzerns demonstriert. Dazu aufgerufen hatte die IG Metall. Im Fokus der Demo stand López. Die Gewerkschaft wirft ihm vor, die Mitbestimmung zu umgehen. Die Mitbestimmung habe sich bewährt, betonte die Gewerkschaft in einem an die Aktionäre gerichteten Flugblatt. "Wir fordern eine aktive Beteiligung der Belegschaft an allen strategischen Prozessen auf Augenhöhe. Wir sind keine Verhinderer. Wir kämpfen für den Konzern und den Erhalt von Arbeitsplätzen."
Niemand wisse mehr, wofür Thyssenkrupp stehe, hieß es weiter. Thyssenkrupp sei ein Konzern ohne Ausrichtung. "Wir kritisieren diese Ziellosigkeit der Führungsetage aufs Schärfste." López handele intransparent, kritisierte die Gewerkschaft.
Am Donnerstag hatte der stellvertretende IG-Metall-Chef Jürgen Kerner an den Vorstand appelliert, bei der Entwicklung der Strategie wieder "auf Augenhöhe" mit der Arbeitnehmerseite zusammenzuarbeiten.
Russwurm: Doppelstimme war "Ausnahmefall"
Das Verhältnis zwischen der IG Metall und López gilt vor allem als belastet, weil der Aufsichtsrat Ende November gegen sämtliche Stimmen der Arbeitnehmerseite den Vorstand um zwei neue Posten erweitert hatte. Der Aufsichtsratsvorsitzende Siegfried Russwurm hatte dabei von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, doppelt abzustimmen und die Arbeitnehmerseite damit zu überstimmen. Er sehe diese Doppelstimme als "Ausnahmefall", sagte Russwurm am Freitag./tob/DP/nas