MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Energietechnikkonzern Siemens Energy
Siemens Gamesa hatte dem Energietechnikkonzern im vergangenen Geschäftsjahr 2022/23 (per Ende September) einen Verlust von rund 4,6 Milliarden Euro eingebrockt. Qualitätsmängel der Landturbinen 4.X und 5.X sorgten für milliardenschwere Rückstellungen. Dazu kamen höhere Anlaufkosten für den Ausbau der Kapazitäten für Meeresanlagen.
Das alles kam zutage, nachdem Siemens Energy die schon vorher problembehaftete Tochter vollständig übernommen hatte. Als Folge musste Siemens Energy Staatsgarantien in Anspruch nehmen, um Aufträge abzusichern. Dies führte bei Bekanntwerden Ende vergangenen Oktober zum Absturz der Aktie.
Anteilseignervertreter sparten daher nicht an Kritik. Fondsmanager Ingo Speich von Deka Investment monierte ein erneut "verlorenes Jahr" für die Aktionäre. Konzernchef Bruch kämpfe wie "Don Quijote gegen Windmühlen", ohne voranzukommen. Arne Rautenberg von Union Investment monierte, die Probleme bei Siemens Gamesa seien entweder nicht "in vollem Umfang gesehen oder schöngeredet worden". Siemens Energy habe sich mit der "völlig überteuerten Komplettübernahme" ein "kapitales Eigentor" geschossen.
In ein ähnliches Horn stieß Hendrik Schmidt von der DWS
Die Behebung der Qualitätsmängel der Plattformen 4.X und 5.X habe "höchste Priorität", so Bruch. Das werde voraussichtlich mehrere Jahre dauern. "Dabei verfolgen wir auch Ansprüche gegen Lieferanten von fehlerhaften Komponenten." Derzeit ist der Vertrieb ausgesetzt. Wann der Verkauf wieder aufgenommen werde, konnte Bruch auf Nachfrage von Aktionären nicht sagen. Dazu soll es in diesem Jahr eine Entscheidung geben.
Aufsichtsrats-Chef Joe Kaeser sagte, die operative Sanierung und strategische Neuausrichtung des Windgeschäfts sei "von herausragender Bedeutung für das Gesamtunternehmen". Die - beschleunigte - Talfahrt der vergangenen zwei Jahre lasse nur noch "wenig Raum" für Enttäuschungen in dem Geschäft. "Das in weiten Teilen erfolgreiche Energiegeschäft darf nicht von weiteren Belastungen bei Siemens Gamesa beeinträchtigt werden." Er sprach dem Vorstand dabei das Vertrauen aus.
Positiv wurden von den Aktionären hingegen der Vorschlag gewertet, die Wirtschaftsweise Veronika Grimm in den Aufsichtsrat zu berufen. Der Wahl werde man gerne zustimmen, so Schmidt von der DWS. Der Vorschlag überzeuge aus fachlicher Sicht und stelle "eine gute und unabhängige Ergänzung für den Aufsichtsrat dar". Ausscheiden wird unter anderem Ralf Thomas, Finanzvorstand der ehemaligen Konzernmutter Siemens
Zuvor hatte es Aufregung um die Nominierung Grimms gegeben. Mitglieder des Sachverständigenrats der Bundesregierung befürchten Interessenskonflikte. Sie legten der Wissenschaftlerin nahe, auf ein Aufsichtsratsmandat bei Siemens Energy zu verzichten oder das Gremium zu verlassen.
Der Nominierungsvorschlag habe für Aufsehen gesorgt, gab Aufsichtsratschef Kaeser zu. "Neben einer Vielzahl von positiven und beeindruckten Stimmen wurden auch Fragen nach möglichen Interessenkonflikten aufgeworfen. Seien Sie versichert, dass der Nominierungsausschuss und Frau Professor Grimm diese Fragestellung auch mit maßgeblichen Stellen besprochen und geprüft haben", sagte er.
Neben Grimm soll auch Simone Menne in den Aufsichtsrat einziehen, ehemaliges Vorstandsmitglied von Lufthansa