ESSEN (dpa-AFX) - Der Chemikalienhändler Brenntag
An der Börse kam dies nicht gut an. Die Aktie fiel im frühen Handel um mehr als acht Prozent und war damit Dax-Schlusslicht. Nach Einschätzung von Analyst Christian Obst von der Baader Bank ist der Chemikalienhändler verhalten ins Jahr gestartet. Analystin Suhasini Varanasi von Goldman Sachs sah bei den Essenern zum Jahresstart die gleichen schwachen Trends wie bei den Branchenkollegen IMCD und Azelis. Der an das untere Ende der Zielspanne verlagerte Ausblick impliziere eine Konsens-Korrektur von vier Prozent. Experte Chetan Udeshi von JPMorgan findet auch die neuen Ziele noch optimistisch.
Im ersten Quartal bekam Brenntag eine schwächere Nachfrage zu spüren. Der Umsatz schrumpfte im Jahresvergleich um knapp 12 Prozent auf rund vier Milliarden Euro. Das operative Ergebnis ging um knapp ein Viertel auf 259,7 Millionen Euro zurück. Unter dem Strich blieb ein auf die Aktionäre anfallender Gewinn von 141,4 Millionen Euro nach 215,9 Millionen ein Jahr zuvor. Analysten hatten im Schnitt mit mehr operativem Gewinn gerechnet.
Im Gesamtjahr rechnet der Konzern nun nur noch mit dem unteren Ende der im März ausgegebenen Gewinnprognose von 1,23 bis 1,43 Milliarden Euro. Das wäre beim bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (operatives Ebita) im schlechtesten Fall ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr.
Um die Kosten zu senken, hatte der Vorstand um Unternehmenschef Kohlpaintner im Sommer weitere Maßnahmen eingeleitet. Das Unternehmen schloss 25 Standorte und baute mehr als 400 Stellen ab, wie Finanzchefin Kristin Neumann im März gesagt hatte. Bereits bis Ende 2022 waren mehr als 1300 Jobs gestrichen und 100 Standorte geschlossen worden. Insgesamt will Brenntag bis 2027 auf Jahressicht 300 Millionen Euro einsparen. Die Einmalkosten hatte das Unternehmen auf 250 Millionen Euro beziffert.
Derweil treibt der Konzern die Entflechtung seiner beiden Sparten voran. Die Geschäfte mit Prozesschemikalien (Essentials) sowie mit Spezialitäten für bestimmte Branchen (Specialties) sollen bis 2026 eigenständig aufgestellt werden. Brenntag erwartet so deutliche Effizienzsteigerungen und Einsparungen bei den Verwaltungskosten, den Ausgaben sowie in der Lieferkette.
Insbesondere das Spezialitätengeschäft soll sich so besser entwickeln. Der Bereich liegt Kohlpaintner zufolge hinter den Wettbewerbern zurück, diese Lücke soll geschlossen werden. Danach will das Management verschiedene strategische Optionen prüfen. Ob es zu einer Aufspaltung kommt, ist noch offen.
Aktivistische Investoren, in deren Visier der Chemikalienhändler geraten ist, hatten auf eine Aufspaltung in die beiden Bereiche für Spezial- und Basischemikalien gedrängt. Dabei machte vor allem der britische Finanzinvestor Primestone auf sich aufmerksam. Primestone sowie der US-Hedgefonds Engine Capital erhoffen sich dadurch eine schnelle Wertsteigerung.
Brenntag handelt international mit Industrie- und Spezialchemikalien sowie Inhaltsstoffen. Das Unternehmen kauft die Stoffe bei Chemiekonzernen in größeren Mengen ein und verkauft sie in kleineren Mengen. In den vergangenen Jahren ist Brenntag mithilfe kleinerer Übernahmen gewachsen.
Konjunkturabschwünge treffen das Unternehmen in der Regel weniger stark als Chemiekonzerne, weil Kunden dann weniger Chemikalien benötigen und diese vermehrt beim Händler statt beim Produzenten kaufen. Zuletzt beschäftigte Brenntag mehr als 17 700 Mitarbeiter./mne/nas/jha/