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Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG
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Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb
Wertpapierhandelsbank AG
17.10.2024 / 09:00 CET/CEST
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Populismus
"Die Ampel sieht alt aus" kommentierte Spiegel-Online vor ein paar Tagen.
Damit meinte man nicht die durchwachsene Performance der Koalition, sondern
den gleich massenweisen Exodus von Politikern jüngeren Alters. "Eine
30-Jährige gibt den Parteivorsitz bei den Grünen ab, ein 35-Jähriger will
nicht länger SPD-Generalsekretär sein. Es wirkt fast, als ob die mangelnde
Innovationsfähigkeit des Landes sich auch im politischen Toppersonal
spiegelt."
Der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz weinte sich dann in seltener
Offenheit in einem Interview über das unbarmherzige Politbusiness aus.
"Politik ist schwer erträglich geworden". Daran sei eben u.a. auch die
Digitalisierung Schuld, die eine 24/7 Verfügbarkeit erforderlich mache.
Nun denken wir, dass es eben aber auch daran liegt, dass der größte Teil der
Kaste eben auch jeder Sau hinterherläuft, die irgendjemand - seien es Medien
oder der politische Gegner - durchs Dorf treibt. Und so eben auch den Fokus
für das Wesentliche verliert. Wir wünschen uns eigentlich Politiker, die
nicht durch den Dauerwahlkampf hecheln, sondern klare Standpunkte vertreten.
Standpunkte für die sie sich auch abwählen lassen. Denn feste Standpunkte
erfordern eine belastbare Argumentationskette und daher auch Sachkenntnis.
Diese Sachkenntnis ist erforderlich, wenn man einen "Laden" mit mehr als 83
Millionen Menschen erfolgreich schmeißen will.
Aber was bekommen wir? Immer weiter zunehmenden Populismus und
Fehlleistungen. Egal ob die Regierung Merkel die Laufzeit uralter Atommeiler
erst verlängerte u. a., um den aus den lange abgeschriebenen Öfen
resultierenden Überprofit heimlich über eine Brennelementesteuer hälftig
wieder abzuschöpfen. Dann kam am 11. März 2011 Fukushima mit all den
populistischen Konsequenzen. Obwohl damals schon klar war, dass das
Klimathema die Kernkraft wieder auf die Tagesordnung setzen würde.
Energiepolitik erfordert aufgrund der hohen Investitionssummen langfristige
Planbarkeit und Verlässlichkeit.
Es geht auch aktueller: Großes Wehklagen erfolgte, als Mitte September die
Unicredit die komplette Platzierung von Aktien der Commerzbank erwerben
konnte. Wie man hörte, war ein Konsortium aus JP Morgan und Goldman Sachs
von der KfW, praktisch aber vom Bundesfinanzministerium mandatiert worden.
Warum dann Goldman Sachs angeblich einen Tag vor der Platzierung das
Konsortium wegen "Interessenkonflikten" verlassen hat, darüber kann sich
jeder seine eigenen Gedanken machen. Dass angeblich so kapitalmarkterfahrene
Protagonisten im BMF sich so über den "Leisten balbieren" lassen, ist schon
bemerkenswert. Diese Naivität hätten vermutlich Politiker, die weiter links
stehen so nicht an den Tag gelegt, da man den Kapitalmärkten gegenüber
grundsätzlich mehr Misstrauen entgegenbringt. (Wir beziehen ausdrücklich
keine Position, ob der diskutierte Zusammenschluss sinnvoll ist - oder
nicht. Wir bewerten lediglich den Ablauf...)
Ein "Highlight" war zuletzt ein bayerischer Spitzenpolitiker der im
Wahlkampf marode Brücken und die Unpünktlichkeit der Bahn beklagte. Abstrus:
Seine Partei stellte die letzten 3 Verkehrsminister vor der Ampel.
Aber wir wollen nicht in den Wahlkampf eingreifen, sondern beobachten
verwundert. So schreibt der Tippdienst "Die Actien-Börse" am 12.10.2024 "Die
Ampel ist in Deutschland kein Thema mehr, lediglich eine Zeitfrage." Dies
reflektiert sich auch in der Demoskopie und der Einzige, der das - wie so
oft - nicht mitbekommen will, ist der Mann, der derzeit im Bundeskanzleramt
wohnt. Zusätzlich hecheln momentan fast alle Parteien einer tendenziell
antieuropäischen Richtung hinterher. Etwas, was sich seit Jahrzehnten nicht
mehr vorwärts entwickelt - wie die EU -, das entwickelt sich irgendwann
rückwärts.
Das manche Wähler und auch Unternehmen die Nase voll haben, zusätzlich zu
dem bundesdeutschen Bürokratiemoloch auch noch das Verwaltungsmonster
Brüssel täglich besiegen zu müssen ist nachvollziehbar. Allerdings ist es
brandgefährlich, hier den Anbietern einfacher Lösungen (Dexit!) einfältig
hinterherzulaufen. Fragen Sie mal in England nach, was dort los ist. Die
Briten haben sehr schnell gemerkt, was für ein Granateneinschlag der Brexit
für die Unternehmen aber auch für die Versorgungslage der Bürger war.
Dass die Globalisierung in vielerlei Hinsicht ein Monster war, ist
unbestritten. Aber De-Globalisierung? Die Zunahme kriegerischer Handlungen
auf der Welt ist nur eine schmerzhafte Folge davon. Selbst wenn wir nach den
Wahlen stabile Verhältnisse in Deutschland, Europa und auch in den USA
bekommen: Wir können froh sein, wenn die Veränderung nur durch allfällige
Reformen stattfindet. Warum wir Sie hier mit all diesen Dingen
schulmeistern? "Deutschland, der Ballast Europas" lautet eine aktuelle
Kolumne bei Spiegel-Online: "Während unsere Wirtschaft immer weiter
schrumpft, gedeihen Teile Europas prächtig. Für die Währungsunion wird das
zur Herausforderung."
Die niedrige Bewertung der Assets an den deutschen Kapitalmärkten ist eben
eine von vielen fatalen Folgen all dieser Probleme. Und betrifft eben gerade
unsere heimischen Unternehmen wie deren Investoren. Die Bewertungen wirken
wie ein weiteres Hemmnis. Gerade im Small-Cap Bereich braucht es den auch
und ganz besonders den privaten Anleger, um die Märkte attraktiv zu machen
für kleine- und mittelständische Emittenten. Hier gab es zwar erste
Anzeichen von Bewegung in der Ampel aber ein strukturiertes Vorgehen ist
nicht zu erkennen.
So sehr alle Finanzplatzinitiativen, DAIs, Verbände usw. auch richtiges
fordern - wie beispielsweise eine attraktive Besteuerung von
Aktieninvestments wie in Schweden - viel hat das alles nicht gebracht, weil
es komplex ist und hier eben oft der Sachverstand fehlt.
Nach dem glorreichen Verkauf der Commerzbank Aktien aus dem Bestand des
Bundes nach Italien folgt nun in Hessen der nächste Populismus-Coup. Wir
zitieren hier den Newsletter "Finanzszene" vom 11.10.2024 unter der schon
alles sagenden Überschrift "Ignoriert": "Der Finanzplatz Frankfurt soll
wieder mal gestärkt werden. Vor dem Hintergrund der drohenden
Commerzbank-Übernahme kündigte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein
(CDU) am Donnerstag die Gründung eines neuen "Finanzplatz-Kabinetts" an.
Damit ist offenbar ein Arbeitskreis gemeint, dem neben der Politik auch
"Akteure des Finanzplatzes Frankfurt" angehören sollen, wie Rhein in
Medienberichten zitiert wird. Ziel sei, eine Strategie zu entwickeln, "um
Frankfurt zu stärken". In welcher Beziehung "Frankfurt Rhein Finance" zu
bestehenden Finanzplatz-Initiativen wie "Frankfurt Main Finance" stehen
wird, blieb bis Redaktionsschluss unklar."
Global agierende Unternehmen schauen schon lang zu anderen Handelsplätzen.
Jetzt haben wir noch die Chance unseren noch immer sehr starken Small- and
Mid-Caps einen funktionierenden Kapitalmarktzugang in Frankfurt und
Deutschland zu schaffen. Aber da nutzt kein Arbeitskreis, dessen
Sinnhaftigkeit wir bisher nicht erkennen. Dementsprechend schließen wir
diesen Standpunkt mit der Mahnung: "Was soll das"?
Zu mwb:
Die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG ist ein von der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassener Wertpapierdienstleister
mit Niederlassungen in Gräfelfing bei München, Hamburg, Hannover, Frankfurt
und Berlin. Das Unternehmen wurde 1993 gegründet. 1999 erfolgte der
Börsengang. Heute ist die mwb-Aktie (ISIN DE000A3EYLC7, WKN A3EYLC) an der
Börse München im Segment m:access notiert wie auch im Freiverkehr an den
Börsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Basic Board), Hamburg und Stuttgart.
mwb ist in zwei Geschäftsbereichen aktiv: Wertpapierhandel und Corporates &
Markets. Im Wertpapierhandel betreut mwb rund 46.000 Orderbücher für
deutsche und internationale Wertpapiere. Dabei handelt es sich sowohl um
Aktien als auch um festverzinsliche Wertpapiere und offene Investmentfonds.
Damit ist mwb einer der größten Skontroführer in Deutschland.
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