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APA ots news: Aktueller Budgetausblick 2024 und 2025

05.11.2024
um 08:26 Uhr

Schnelleinschätzung des Büros des Fiskalrates

Wien (APA-ots) - Zwtl.: Starke Budgetkonsolidierung nötig: Budgetdefizite
2024 und
2025 bei 3,9% des BIP und 4,1% des BIP

- Einleitung eines Verfahrens wegen eines übermäßigen Defizits für
Österreich wahrscheinlich

- Hohe Budgetdefizite durch langfristig wirkende
wirtschaftspolitische Maßnahmen und anhaltende Rezession

- Anstieg der Ausgabenquote bis 2025 auf 55,2% des BIP kann von
Anstieg der Einnahmenquote auf 51,1% des BIP (höchster Wert seit 2001
) nicht kompensiert werden

- Schuldenquote steigt bis 2025 kontinuierlich auf 81,6% des BIP an

Das Büro des Fiskalrates erwartet für die Jahre 2024 und 2025 ein
gesamtstaatliches Budgetdefizit von 3,9% bzw. 4,1% des
Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dies legt die Einleitung eines
Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit durch die Europäische
Kommission nahe. Die deutliche Verschlechterung des Budgetsaldos im
Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 wird dabei vorrangig durch den
Anstieg der Staatsausgaben, aber auch Mindereinnahmen aufgrund der
Rezession und Steuersenkungen z. B. im Rahmen der Ökosozialen
Steuerreform verursacht. Die hohen Budgetdefizite lassen die
Schuldenquote 2024 und 2025 auf 79,7 bzw. 81,6% des BIP ansteigen. [1
]

Einleitung eines ÜD-Verfahrens gegen Österreich erwartet
Das FISK-Büro geht davon aus, dass die Budgetdefizite markant - auch
mittel- bis langfristig - über der Obergrenze von 3% des BIP liegen
werden. [2] Eine ähnliche Einschätzung dieser Entwicklung durch die
Herbstprognose der Europäischen Kommission hätte die Einleitung eines
Verfahrens wegen eines übermäßigen Defizits (ÜD-Verfahren) zur Folge.

Inflation lässt Staatsausgaben verzögert ansteigen und erhöht
Defizit
Die hohe Inflation der letzten Jahre verursachte u. a. einen
deutlichen Anstieg der Sozialausgaben sowie der Löhne und Gehälter
der öffentlich Bediensteten. Die vollständige Budgetwirkung in diesen
Bereichen entfaltet sich erst zeitlich verzögert im Jahr 2024 und
hält, etwas abgeschwächt, auch 2025 an. Gleichzeitig schwächt sich
das inflationsbedingt hohe Einnahmenwachstum, aufgrund des Rückgangs
der Inflation ab 2024 [3] deutlich ab. Abseits des zeitlich
verzögerten Anstiegs der Staatausgaben ist das inflationsbedingte
Wachstum der Staatsausgaben höher als jenes der Staatseinnahmen. Dies
führt zu einer deutlichen und dauerhaften Verschlechterung des
Budgetsaldos. Einnahmenausfälle aufgrund der
Konjunkturverschlechterung [4] und Ausgabenerhöhungen aufgrund
höherer Arbeitslosigkeit und des Hochwasserereignisses 2024,
zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen (z. B. USt-Befreiung für PV-Anlagen)
und konjunkturstützende Maßnahmen (Wohnraum- und Bauoffensive), die
ohne Gegenfinanzierung verabschiedet wurden, belasten den
Staatshaushalt gegenüber dem Vorjahr zusätzlich.

Geschätzte Budgetbelastung durch das Hochwasser 2024 beträgt 1,1
Mrd Euro
Die Abschätzung der Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden aufgrund
des Hochwassers 2024 basiert auf den Erfahrungen mit den
Hochwasserereignissen 2002. Es wird davon ausgegangen, dass die
budgetäre Belastung für die Jahre 2024 und 2025 jeweils 550 Mio Euro
beträgt. Auf Grund der geringeren Anzahl an vom Hochwasserereignis
2024 betroffenen Regionen fallen die budgetären Kosten trotz höherer
Ersatzraten damit merklich geringer aus als im Jahr 2002. Die
Ausgestaltung der zugesicherten Umschichtung von EU-Transfers für die
Hochwasserhilfe dürfte nur in geringem Umfang zur Gegenfinanzierung
der entstehenden Staatsausgaben beitragen.

Großes Volumen an dauerhaft wirksamen, nicht gegenfinanzierten
Politikmaßnahmen verschlechtert strukturelle Budgetlage gegenüber
Vorkrisenjahren deutlich
Eine Reihe an Maßnahmen verschlechtert den Budgetsaldo gegenüber den
Vorkrisenjahren deutlich: Steuersenkungen (v. a. KöSt und Tarifreform
Einkommensteuer) und die Überkompensation der CO2-Steuer durch den
Klimabonus im Rahmen der Ökosozialen Steuerreform, die lang
anhaltenden budgetären Belastungen durch die COVID-19-
Konjunkturstützungen (z. B. Investitionsprämie), dauerhaft wirksame
Maßnahmen im Rahmen der COVID-19-Hilfen (z. B. Coronabonus für
Pensionist:innen) und Teuerungs-Entlastungspakete (z. B. UV- und FLAF
-Beitragssenkung), Ausgabenerhöhungen im Zuge des neuen
Finanzausgleichs (z. B. Zukunftsfonds) und starke Erhöhungen der
Militärausgaben und Investitionen in die Schieneninfrastruktur.
Zusätzlich setzen demografisch bedingte strukturelle
Ausgabenerhöhungen für Pflege, Gesundheit und Pensionen verstärkt
ein. Die seit Anfang 2020 verabschiedeten wirtschaftspolitischen
Maßnahmen wurden ausschließlich ohne Gegenfinanzierung verabschiedet.

Die Ausgabenquote steigt bis zum Jahr 2025 gegenüber dem
Durchschnitt der Vorkrisenjahre 2015 bis 2019 von 50,0% auf 55,2% an,
obwohl ein Großteil der temporären Krisenhilfen bereits ausgelaufen
ist. Gleichzeitig steigt die Einnahmenquote bis 2025 von
durchschnittlich 49,6% in den Vorkrisenjahren auf 51,1% an. Dieser
Anstieg ist vor allem der starken Dynamik der Lohnquote
zuzuschreiben. Die umgesetzte automatische Indexierung der
Steuertarifstufen ("Abschaffung der kalten Progression") verhindert
einen stärkeren Anstieg der Einnahmenquote. In Summe steigt die
Ausgabenquote gegenüber den Vorkrisenjahren deutlich stärker als die
Einnahmenquote, die Budgetlage verschlechtert sich deutlich.

Schuldenquote liegt 2025 bereits mehr als 10 Prozentpunkte über
dem Vorkrisenniveau
Trotz der historisch gesehen weiterhin sehr niedrigen Zinsausgaben
2024 und 2025 (1,4% und 1,6% des BIP) steigt die Schuldenquote v. a.
aufgrund der hohen Primärdefizite 2024 und 2025 (2,5% und 2,6% des
BIP) weiter an. Mit 79,7% und 81,6% des BIP liegt die Schuldenquote
in den Jahren 2024 und 2025 klar über dem Maastricht-Referenzwert von
60% des BIP und der Schuldenquote vor der COVID-19-Pandemie (2019:
71,0% des BIP).

Neue EU-Fiskalregeln ergeben für 2025 Konsolidierungsbedarf von
mindestens 4,4 Mrd Euro
Zur Einhaltung des Nettoprimärausgabenpfads gemäß der neuen EU-
Fiskalregeln ergibt sich für Österreich bei Anwendung eines
vierjährigen Anpassungszeitraums, wie bisher geplant, auf Basis der
aktuellen Budgetschnellschätzung ein Konsolidierungsbedarf von 4,4
Mrd Euro im Jahr 2025. Hierbei handelt es sich um eine Untergrenze,
da der Anpassungsbedarf bei Anwendung der Schutzvorkehrung bezüglich
Staatsschulden eine zusätzliche deutliche Verschärfung nach sich
ziehen könnte. Ob diese Schutzklausel zur Anwendung kommt und welcher
Anpassungsbedarf sich daraus ergibt, hängt von Detailannahmen ab, die
im Rahmen einer Verhandlung zwischen Österreich und der Europäischen
Kommission zu klären sind. Die Resultate dieser Verhandlungen, die
politische Entscheidungen zu Zeitpunkt, Ausmaß und Auswahl nötiger
Konsolidierungsmaßnahmen einschließen, sind derzeit noch nicht
absehbar.

[1] Die Schnelleinschätzung basiert auf der aktuellen WIFO-
Konjunkturprognose vom 4.10.2024.

[2] Der konjunkturell bedingte Anteil am Budgetdefizit beträgt
0,8% bzw. 0,6% des BIP in den Jahren 2024 und 2025.

[3] Inflationsraten laut WIFO: 3,1% (2024) und 2,2% (2025).

[4] Reales BIP-Wachstum laut WIFO: -0,6% (2024) und +1,0% (2025).

Rückfragehinweis:
Büro des Fiskalrates
Mag. Bernhard Grossmann
Telefon: +43-1-40420-7473
E-Mail: office@fiskalrat.at
Website: https://www.fiskalrat.at

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