(Neu: Osnabrück nicht Teil der Tarifrunde)
WOLFSBURG (dpa-AFX) - Im Ringen um die massiven Sparpläne bei Volkswagen
"Sollte der Vorstand auf Maximalpositionen und Werksschließungen beharren, übernimmt er die Verantwortung dafür, dass wir in einen Arbeitskampf um Standorte laufen, wie ihn die Republik noch nicht erlebt hat", sagte Gröger bei der Vorstellung des "Masterplans" in Wolfsburg. Noch bis Ende November läuft bei VW die Friedenspflicht, ab 1. Dezember sind dann auch Streiks möglich. Die Vorbereitungen dafür liefen bereits.
Was bieten IG Metall und Betriebsrat an?
Konkret angeboten wird, die Tariferhöhung 2025 und 2026 nicht an die Mitarbeiter auszuzahlen, sondern befristet als Arbeitszeit in einen Zukunftsfonds einzubringen. Voraussetzung wäre allerdings, dass man in der noch laufenden Tarifrunde um den VW-Haustarif den jüngsten Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie übernimmt, der eine Erhöhung um insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen vorsieht. Volkswagen lehnt bisher jede Erhöhung ab und fordert stattdessen zehn Prozent Lohnkürzung.
Aus dem Fonds sollen nach dem Willen von IG Metall und Betriebsrat dann flexibel Arbeitszeitverkürzungen an bedrohten Standorten finanziert werden. Das ermögliche flexible Arbeitszeitkürzungen ohne Personalabbau. Anders als in der Krise 1993, als VW generell eine Vier-Tage-Woche einführte, gehe es aber nicht darum, die Arbeitszeit generell an allen Standorten abzusenken. Vorgeschlagen werde vielmehr ein solidarischer Fonds, der flexibel eingesetzt werden könne, um Entlassungen an bedrohten Standorten zu verhindern. Laut Gröger führe das bei VW zu erheblichen Einsparungen, da man sich Abfindungen und Kosten für Werksschließungen spare.
"Es ist ein Gegenmodell zum Kahlschlag-Plan des Vorstandes, der Zukunft verhindert statt schafft", sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Einem Personalabbau verschließe man sich dabei nicht grundsätzlich. Er müsse aber sozialverträglich erfolgen - ohne betriebsbedingte Kündigungen. Und auch das Management solle auf Boni verzichten und in den geforderten Fonds zur Zukunftssicherung einzahlen. "Ohne diese Beiträge", so Cavallo, "wird es auch keinen Beitrag der Belegschaft geben."
Was verlangen sie als Gegenleistung?
Im Gegenzug verlangen IG Metall und Betriebsrat Garantien für Standorte und Beschäftigung. Die von VW im September gekündigte Beschäftigungssicherung, die betriebsbedingte Kündigen bisher ausschließt, müsse wieder in Kraft gesetzt werden - sowohl für die sechs westdeutschen Werke mit 125.000 Mitarbeiter in Niedersachsen und Hessen als auch für die drei Standorte in Sachsen. Der zehnte deutsche VW-Standort Osnabrück fällt nicht unter den VW-Haustarif und ist daher nicht Teil der gerade laufenden Tarifrunde. Und auch Werkschließungen müssten vom Tisch. Mit den entsprechenden Plänen habe der Konzern "rote Linien" überschritten, sagte Cavallo.
Die Betriebsratschefin räumte zwar ein, dass es zu Kapazitätsanpassungen kommen müsse. "Uns ist eben auch klar, dass die Werke, die wir haben, nicht auf dem Niveau, wo wir uns jetzt aktuell befinden, von den Kapazitäten her bleiben werden." Das müsse aber ohne Standortschließungen vollzogen werden. Sie forderte eine "solidarische Belegung aller Werke": Die aktuellen Produkte sollten dafür entsprechend auf die Fabriken verteilt werden. Der Konzern hatte zuvor von 500.000 Fahrzeugen gesprochen, die allein der Kernmarke VW fehlen, um alle Standorte auszulasten. Das entspreche der Kapazität von zwei großen Werken.
Was sagt das Unternehmen dazu?
Der Konzern regierte zurückhaltend auf die Vorschläge. "Zunächst begrüßen wir es, dass die Mitbestimmung Offenheit für Maßnahmen bei Arbeitskosten und Kapazitätsanpassungen signalisiert", sagte Personalvorstand Gunnar Kilian laut einer Mitteilung. "Jeder Vorschlag hilft, der einen Beitrag zur Zielerreichung leistet", so Kilian. "Der eingebrachte Vorschlag muss sich daran messen lassen, ob er konkrete und nachhaltige Lösungen bietet, die sowohl die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens sichert als auch die Zukunft der Belegschaft glaubhaft schützt."
VW hatte im September einen massiven Sparkurs angekündigt und schließt betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen nicht länger aus. Laut Cavallo sollen mindestens drei Fabriken in Deutschland schließen und Zehntausende Jobs wegfallen. Das Unternehmen selbst hat sich bisher nicht zu konkreten Maßnahmen geäußert.
Wie geht es weiter?
Am Donnerstag kommen Unternehmen und Gewerkschaft in Wolfsburg zu ihrer dritten Tarifrunde zusammen. In der Volkswagen Arena wollen sie dann auch über die neuen Vorschläge der Arbeitnehmerseite beraten. Im Vorfeld will die Gewerkschaft noch einmal den Druck erhöhen: Vor dem Stadion ist eine Demonstration mit Protestkundgebung geplant.
Mit einer schnellen Einigung wird nicht gerechnet. IG-Metall-Verhandlungsführer Gröger hofft jedoch, mit dem nun vorgelegten Konzept Bewegung in die Gespräche zu bringen. "Wir machen damit einen Lösungskorridor auf, mit dem wir noch vor Weihnachten Klarheit für die Beschäftigten und für das Unternehmen bekommen können."/fjo/DP/mis