ROUNDUP/AfD: Mit EU- und Euro-Austritt in den Bundestagswahlkampf
BERLIN (dpa-AFX) - Die AfD will unter anderem mit Forderungen nach einem Austritt aus der EU, dem Euro und dem Pariser Klimaabkommen sowie nach schärferen Abtreibungsregeln in den anstehenden Bundestagswahlkampf ziehen. Das geht aus dem Entwurf für das Wahlprogramm der Partei hervor. Darüber soll bei einem Parteitag am 11. und 12. Januar in Riesa beraten und abgestimmt werden. Es könnten sich also noch einige Dinge ändern. In dem 85-seitigen Papier werden zudem das Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland und eine Reparatur und Inbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines gefordert.
AfD für Wiedereinführung eigener Währung
Zum Euro heißt es im Programmentwurf, Deutschland müsse "den Irrweg der Dauerrettung durch Wiedereinführung einer nationalen Währung beenden". Zudem heißt es in dem Papier: "Wir halten einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union und die Gründung einer neuen europäischen Gemeinschaft für notwendig." Die EU habe in den letzten Jahren mit Vehemenz die Transformation zu einem "planwirtschaftlichen Superstaat" vorangetrieben, heißt es zur Begründung. Ähnlich hatte das auch schon im AfD-Europawahlprogramm geklungen, explizit von einem Austritt war damals aber nicht die Rede.
EU-Austritt gar nicht ohne weiteres möglich
An die Stelle der EU sollte nach AfD-Vorstellungen ein loserer Staatenbund, eine "Wirtschafts- und Interessengemeinschaft (WIG)" treten. Die Partei weist allerdings selbst darauf hin, dass dafür das Grundgesetz geändert werden müsste. Denn dort steht in Artikel 23: "Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit". Eine Änderung würde die AfD "auf Basis einer Volksabstimmung" vornehmen wollen. Für die Grundgesetzänderung bräuchte es aber im Bundesrat und Bundestag dann jeweils auch kaum erreichbare Zweidrittelmehrheiten.
Einschränkend heißt es im Programmentwurf zum EU-Austritt auch: "Uns ist klar, dass ein harter Bruch kontraproduktiv wäre. Der Übergang in die neue WIG wäre darum sowohl mit den alten EU-Partnerstaaten als auch neuen Interessenten im Konsens zu verhandeln." Konsens in der EU herzustellen ist schon bei weit weniger wichtigen Themen schwer möglich. Bei einem solch schwerwiegenden Thema erscheint es kaum vorstellbar.
"Das Klima kann der Mensch nicht schützen"
Auch ein Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen zur Reduzierung von Treibhausgasen wird in dem Entwurf gefordert. Der "angebliche wissenschaftliche Konsens" des menschengemachten Klimawandels sei politisch konstruiert. Es gebe keinen Grund, die Nutzung von Kohle, Erdgas und Erdöl zu beschränken. Der Mensch könne das Klima nicht schützen. Kohlendioxid wird in dem Programmentwurf eine positive Rolle zugeschrieben, es erweise sich "als Treiber eines verstärkten globalen Pflanzenwachstums und begünstigt damit die Welternährung".
Schärfere Abtreibungsregeln
Unter der Überschrift "Willkommenskultur für Kinder" spricht sich die AfD in dem Entwurf für rechtliche Einschränkungen bei Schwangerschaftsabbrüchen aus. "Beim sorgfältigen Abwägen der Interessen muss Abtreibung die absolute Ausnahme bleiben, z.B. bei kriminologischer oder medizinischer Indikation", heißt es. Vorgeschlagen wird zudem, Schwangeren während der Schwangerschaftskonfliktberatung Ultraschallaufnahmen des Kindes zu zeigen, "damit diese sich über den Entwicklungsstand des Kindes im Klaren sind".
"Die AfD will über das Leben und den Körper von Frauen bestimmen. Dazu hat niemand das Recht. Dieses Frauenbild ist unerträglich und katapultiert uns um Jahrzehnte zurück", kritisierte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast.
Schwangerschaftsabbrüche sind derzeit laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuches rechtswidrig. Tatsächlich bleiben sie in den ersten zwölf Wochen aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ohne Strafe bleibt ein Abbruch zudem, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird. Über die Abschaffung des Paragrafen 218 wird seit Jahren gestritten.
"Remigration" und Wehrpflicht nicht im Programmentwurf
Interessant ist auch, was die AfD-Programmkommission nicht in ihren Entwurf geschrieben hat, weil es innerhalb der Partei dazu Meinungsverschiedenheiten gibt. So tritt sie in ihrem Grundsatzprogramm zwar für die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht ein, im Programmentwurf zur Bundestagswahl taucht das aber nicht auf. Teile der AfD vor allem im Osten wollen von dem Thema vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine aktuell lieber die Finger lassen. Auch das umstrittene Wort "Remigration" taucht nicht auf. Die bekannten AfD-Forderungen zur Migrationspolitik werden im Entwurf unter Zwischenüberschriften wie "Asylparadies Deutschland schließen" oder "Deutschland braucht eine umfassende Rückführungsoffensive" abgehandelt./jr/DP/men