Börse Frankfurt-News: Lohnenswertes außerhalb des Mainstreams (Auslandsaktien)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - America first ist nicht nur bei Donald Trump, sondern auch an den Börsen das Motto der Stunde. Vor allem US-amerikanische Nebenwerte und Aktien aus dem Krypto-Segment profitieren von dem Comeback des designierten US-Präsidenten.
5. Dezember 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Handel mit Auslandsaktien auf den Marktplätzen der Deutschen Börse ist weiterhin geprägt von den Ergebnissen der US-Wahl im November. Während der Euro Stoxx 50 im November leicht an Wert einbüßte, ging es an den US-Märkten mit den Kursen weiter bergauf. Tech-Experte Stefan Waldhauser beobachtet dabei schon seit einigen Monaten eine "Rotation raus aus den Standardwerten und rein in die Nebenwerte". Anders als in Deutschland haben sich die amerikanischen Small Caps zuletzt deutlich besser entwickelt als die Blue Chips. Dieser Trend hat sich anlässlich der Quartalssaison sogar noch beschleunigt. "Eine solche Phase der Outperformance der kleineren Werte hatten wir vorher viele Jahre lang nicht gesehen", erklärt Waldhauser, der diese Entwicklung als "sehr gutes Zeichen" dafür wertet, "dass die Rationalität an die Börsen zurückkehrt".
Fehlbewertung bei US-amerikanischer Internetholding?
Die angelaufene "Neubewertung der lange Zeit vernachlässigten Nebenwerte" sollte laut Waldhauser dafür sorgen, dass es sich auch in den kommenden Monaten lohnen sollte, "auch mal außerhalb des Mainstreams zu investieren". Einer seiner aktuellen Favoriten ist die in seinen Augen "deutlich unterbewertete" Internetholding IAC (US44891N2080), die von ihrem im März 2021 markierten Hoch innerhalb von 1,5 Jahren fast 85 Prozent an Wert verloren hatte. Seitdem läuft eine volatile Seitwärtsbewegung. Der Softwarekenner ist "optimistisch, dass 2025 mit einem ANGI Spin-Off und einem IPO oder Exit von Turo die Börse die Fehlbewertung entdecken und korrigieren wird". Eine ausführliche Analyse dazu gibt es unter high-tech-investing.de/.
Wie schnell so eine Neubewertung ablaufen kann, hat sich gerade bei der Aktie der Video-Plattform Vimeo (US92719V1008) gezeigt, die nach dem jüngsten Quartalsbericht in nur einer Woche um ca. 50 Prozent zulegen konnte. Der positive Trend könnte sich laut Waldhauser fortsetzen, sobald die Investoren Vimeo noch stärker als "Wachstumsunternehmen mit einer soliden Kostenstruktur und einem fähigen Team" wahrnehmen.
Krypto-Hype auch am Aktienmarkt
Neben US-Aktien sind bei Anlegerinnen und Anlegern momentan vor allem Titel en vogue, die von den steigenden Kursen der Kryptowährungen profitieren. Auch das hat natürlich mit der Wahl von Donald Trump zu tun, der sich im Vorfeld als großer Krypto-Anhänger geoutet hatte. Bei der Baader Bank herrscht in diesem Segment eine anhaltend starke Nachfrage, wie Händler Roland Stadler berichtet. Gehandelt werden zum Beispiel die Aktien des Bitcoin-Entwicklungsunternehmens Microstrategy (US5949724083) und Mara Holding (US5657881067), einem Entwickler von Technologien für digitale Vermögenswerte. Beide Werte haben sich in den vergangenen Wochen weit überdurchschnittlich gut entwickelt.
Als potenzielle Verlierer des US-Wahlergebnisses haben die Anlegerinnen und Anleger unter anderem die im Bereich der Erneuerbaren Energien aktiven Konzerne ausgemacht. Das zeigt sich sowohl an den fallenden Kursen als auch den verstärkten Abgaben bei Aktien wie Enphase Energy (US29355A1079) oder First Solar (US3364331070), wobei hier in den vergangenen Tagen jeweils eine Stabilisierung gelang.
Roland Stadler
Comeback der Spirituosenhersteller?
An den europäischen Märkten sieht Jonathan Neuscheler von der Abilitato GmbH gute Vorzeichen für die bekannten Player der Spirituosenbranche, die im laufenden Jahr deutlich unter Druck stehen. Diageo als Marktführer hat bislang 18 Prozent an Wert eingebüßt, bei Pernod Ricard als Nummer zwei ging sogar ein Drittel des Börsenwertes verloren. Der Geschäftsführer der unabhängigen Aktienresearch- und Finanzbildungsplattform macht dafür unter anderem die immer noch gut gefüllten Lager bei Händlern und Kunden verantwortlich. "Dazu kommen die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten, weshalb einige Konsumenten auf günstigere Marken ausweichen".
Für Neuscheler handelt es sich dabei aber nur "um vorübergehende Faktoren", da Spirituosen nichtzyklische Konsumgüter mit einer wiederkehrenden Nachfrage sind. Zudem ist aus seiner Sicht das Risiko höherer Zölle auf importierte Spirituosen (vor allem Whiskys, die in anderen Ländern hergestellt werden) in der Bewertung der Diageo-Aktie (GB0002374006) bereits eingepreist. Der Titel wird beim 2025er-KGV nach seiner Berechnung aktuell mit einem "Rabatt von ca. 20 Prozent auf den Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre" gehandelt. Und das bei der Hoffnung auf ein noch mal beschleunigtes Wirtschaftswachstum und geringere Unternehmenssteuern in Nordamerika, dem "wichtigsten Markt des britischen Unternehmens". Neuscheler sieht Diageo daher als Qualitätsaktie, die sich gut für eine Buy-and-Hold Investition eignet.
Günstige Bewertung trifft auf gute Wachstumschancen
Bei Pernod Ricard (FR0000120693) lobt der Aktien-Experte vor allem die "hervorragende Positionierung in aufstrebenden und wachstumsstarken Ländern". So wie in Indien, wo der Konzern bei Premiumspirituosen einen Marktanteil von 48 Prozent erreicht. Neuscheler traut der Firma daher zukünftig höhere Wachstumsraten zu. Gleichzeitig ist die Bewertung mit einem von ihm errechneten 2025er KGV von 14 "auf den niedrigsten Wert der vergangenen zehn Jahre gefallen". Der langfristige Bewertungsdurchschnitt liege demnach bei einem KGV von 22. Zudem befinde sich die durch den Kursrutsch auf 4,4 Prozent gestiegene Dividendenrendite "weit oberhalb des zehnjährigen Durchschnittswerts von 2,1 Prozent". In einer ausführlichen Analyse riet Neuscheler daher Ende Oktober dazu, die Position bei weiteren Kursverlusten "antizyklisch aufzustocken". Seitdem ist die Aktie um 15 Prozent gefallen.
Von Thomas Koch, 4. Dezember 2024, © Deutsche Börse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)