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Börse Frankfurt-News: Marktstimmung: "Noch einmal davongekommen"

27.02.2025
um 09:34 Uhr

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fallende Preise nutzen etliche Profis zum Wechsel aus dem Bärenlager an die Seitenlinie, nur einige Private wagen den Kauf. Ob in diesem Setting eine Rückkehr zur Rally erwartbar ist, weiß Joachim Goldberg.

27. Februar 2025. Nun haben die Börsianer hierzulande nicht nur das Ergebnis der jüngsten Bundestagswahl zu verarbeiten gehabt, auch wenn es immer heißt, dass politische Börsen kurze Beine hätten. Gleichzeitig hat sich in den USA zum Ende der vergangenen Woche das Sentiment (vgl. etwa Einkaufsmanagerindex der Dienstleister und Konsumentenstimmung, aber auch das jüngst schwindende Verbrauchervertrauen) deutlich verschlechtert. Gepaart mit erhöhten Inflationserwartungen führte dies zu deutlichen Abschlägen bei US-Aktien - seit unserer vergangenen Sentiment-Erhebung notieren wir dort ein Minus von rund 2,6 Prozent. Eine Entwicklung, die in deutlichem Kontrast zu der in der vergangenen Woche publizierten Fondsmanagerumfrage der Bank of America steht, bei der noch 82 Prozent der Befragten der Meinung waren, dass eine globale Rezession in den kommenden zwölf Monaten unwahrscheinlich sei!

Im Vergleich dazu schlug sich der hiesige DAX deutlich besser, denn vom zwischenzeitlichen Verlust von 2,9 Prozent zum Wochenende blieb stichtagsbezogen nur noch ein Wochenminus von 1,3 Prozent übrig.

Zu dieser Erholung dürften zum Teil auch von uns befragte Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont beigetragen haben. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index hat sich um 12 Punkte auf einen neuen Stand von -14 erholt.

Rücksetzer genutzt

Offenbar wurde der zwischenzeitliche Rücksetzer des DAX zur Glattstellung bearisher Engagements genutzt, die wahrscheinlich überwiegend erst in der Vorwoche eröffnet worden waren. Hinzu kommen aber auch einige ältere Positionen, die ebenfalls zurückgedeckt worden sind. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass praktisch eine vollumfängliche Wanderung von den Bären zu den neutral positionierten Akteuren in einer Größenordnung von 12 Prozent aller Befragten stattgefunden hat. Mit anderen Worten: Auf die Bullen-Seite hat sich per Saldo niemand getraut.

Eine ähnliche Entwicklung konnten wir auch bei den Privatanlegern beobachten, allerdings längst nicht so stark wie bei den institutionellen Investoren. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index steigt in diesem Panel ebenfalls, und zwar um 5 Punkte auf einen neuen Stand von +8, dem Niveau von vor zwei Wochen. Dabei hat sich das Bärenlager um 3 Prozentpunkte reduziert, und die Veränderungen verteilen sich fast gleichmäßig zu den Bullen und den neutral gestimmten Anlegenden. Diese Wanderung wird allerdings etwas von denjenigen Akteuren, die wir über Social Media befragen, überlagert. Während bei den übrigen Privatanlegern eine Stimmungsverbesserung festzustellen ist, hat sich das gute Sentiment bei den Social-Media-Anlegenden im gleichen Zuge gegen den Trend verschlechtert.

Weichere Unterseite

Unter dem Strich hat sich die Stimmungskluft zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren mit der heutigen Befragung verringert. In beiden Panels wurde offenbar der temporäre DAX-Rücksetzer - wir erwarteten erste Nachfrage zwischen 22.250 und 22.300 Zählern - mehrfach zu Rückkäufen bearisher Engagements genutzt, teilweise sind auch Schieflagen glattgestellt worden. Der jüngste DAX-Anstieg ist daher wahrscheinlich in erster Linie hausgemacht. Im gleichen Zuge hat sich die Gruppe der institutionellen Pessimisten auf das Niveau von vor drei Wochen zurückgebildet. Wahrscheinlich handelt es sich bei den verbliebenen Bären fast durchgängig um alte Schieflagen, deren Inhaber wahrscheinlich froh wären, wenn das Börsenbarometer noch einmal (vermutlich in Richtung 21.700/750 Punkte) zurückfallen würde, um diese Shortpositionen einzudecken.

Somit ergibt sich an der Unterseite im Falle eines neuerlichen Abschwungs eine verschlechterte Nachfragesituation. Im gleichen Zuge hat sich aufgrund der verminderten Zahl von Pessimisten die Gefahr einer Short-Squeeze an der Oberseite verringert. Kurzum: Die Sentiment-technische Situation hat sich mit der heutigen Befragung für den DAX zumindest aus heimischer Sicht etwas verschlechtert. Offen bleibt indes, ob der Zufluss von Kapitalströmen in die Eurozone fortbestehen wird, um somit noch einmal eine DAX-Rallye initiieren zu können. Die heimischen Optimisten, deren Anteil nun seit vier Wochen fast unverändert ist, dürften dabei bestenfalls kurzzeitig im Wege stehen.

Von Joachim Goldberg

27. Februar 2025, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)