ESSEN (dpa-AFX) - Der Spezialchemiekonzern Evonik
Im abgelaufenen Jahr profitierte der Konzern von Sparmaßnahmen und der Ausrichtung auf profitablere Spezialchemie-Geschäfte. Zudem verkaufte sich das Tierfutter-Eiweiß Methionin gut. Hinzu kamen höhere Absatzmengen in den Geschäftsbereichen Smart Materials und Specialty Additives und eine bessere Anlagenauslastung. Bei weitgehend konstanten Umsätzen - niedrigere Rohstoffpreise werden in der Regel an Kunden weitergereicht - steigerten beide Sparten den operativen Gewinn jeweils um rund elf Prozent. Dabei kam Specialty Additives etwa eine höhere Nachfrage nach Produkten für die Farben- und Beschichtungsindustrie zugute, und auch Öladditive waren gefragt.
Einen Gewinnsprung um mehr als die Hälfte verzeichnete die Sparte Nutrition & Care dank der höheren Methionin-Preise. 2025 dürften sich die Preise allerdings ein Stück weit normalisieren, auch da schrittweise neue Produktionskapazitäten auf den Markt kommen. Gefragt waren auch Lösungen für kosmetische Inhaltsstoffe.
Konzernweit erholte sich der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 2024 um 25 Prozent auf fast 2,07 Milliarden Euro. Für das neue Jahr stellt Evonik 2,0 bis 2,3 Milliarden Euro in Aussicht, wobei im ersten Quartal ein operativer Gewinn über den 522 Millionen Euro des Vorjahreszeitraums erzielt werden soll. Die Analystenschätzung für 2025 liegt etwa in der Mitte der Spanne; für 2024 liegt sie leicht über dem erreichten Wert.
Der Ausblick sollte Anleger beruhigen und für Zuversicht sorgen, schrieb Analyst Chetan Udeshi von der Bank JPMorgan in einer ersten Einschätzung. Die Evonik-Aktien legten am Mittwoch in einem sehr starken Gesamtmarkt um mehr als neun Prozent zu. Das große Kursplus dürfte aber vor allem an dem von Union und SPD erreichten Durchbruch in ihren Sondierungsgesprächen zu einer möglichen künftigen Bundesregierung gelegen haben. Sie schnürten ein historisches Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur. Das trieb nicht nur die Kurse im Chemiesektor stark an.
Der Umsatz von Evonik fiel 2024 leicht auf 15,16 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdienten die Essener 222 Millionen Euro, nachdem ein Jahr zuvor wegen Wertminderungen für Geschäftsteile noch ein Verlust von 465 Millionen Euro angefallen war. Der auch für die Dividende wichtige freie Finanzmittelfluss verbesserte sich um 9 Prozent auf 873 Millionen Euro. Die Dividende soll mit 1,17 Euro je Aktie stabil bleiben.
Derweil treibt die Evonik-Führung ein Effizienzprogramm voran, mit dem die jährlichen Kosten bis Ende 2026 um rund 400 Millionen gesenkt werden sollen. "Die Reorganisation sowie der geplante Stellenabbau verlaufen planmäßig und in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern", sagte Personalvorstand Thomas Wessel. "Parallel laufende Verbesserungsprogramme, etwa in den Bereichen Animal Nutrition und Health Care, erzielen ebenfalls gute Fortschritte." 2024 wurden 50 Millionen der geplanten Einsparungen realisiert, 2025 sollen es dann in Summe schon 200 Millionen sein.
Evonik-Chef Christian Kullmann baut den Konzern schon seit Jahren um, um ihn robuster aufzustellen und um in zukunftsträchtigere Geschäftsfelder zu expandieren. Dabei fallen auch Stellen weg. Per Ende 2024 beschäftigte Evonik noch rund 32.000 Mitarbeiter, circa 1.500 weniger als ein Jahr zuvor. Das hängt aber auch mit dem Verkauf von Unternehmensteilen zusammen. So wurde im dritten Quartal der Verkauf des Geschäfts mit Superabsorbern abgeschlossen. Weiterhin strebt Evonik die Trennung vom Geschäft mit Standardchemikalien der Sparte Performance Materials an, zu der neben dem bereits verkauften Superabsorber-Bereich auch der C4-Verbund rund um petrochemische Zusätze für Kautschuk, Kunststoffe und Spezialchemikalien zählt.
Um die Komplexität zu reduzieren und die Hierarchien flacher zu gestalten, bündelt Evonik die Chemiegeschäfte - wie Ende 2024 angekündigt - zudem künftig in zwei Segmenten. Die Geschäftsbereiche der Sparten Specialty Additives, Nutrition & Care sowie Smart Materials sollen zum 1. April in den zwei neuen Sparten Custom Solutions und Advanced Technologies aufgehen. Dass dies der erste Schritt hin zu einer möglichen Aufspaltung des Konzerns sein könnte, verneinte Evonik-Chef Kullmann nun.
Die Geschäfte im Segment Custom Solutions sieht Evonik eher in Nischenmärkten mit spezifischen Produkten für die Kunden. Dazu zählen etwa Additive für Lacke und Beschichtungen sowie Produkte für die Kosmetik- und Pharmaindustrie. Die Sparte Advanced Technologies soll sich im Wettbewerb vor allem durch im Vergleich niedrige Kosten behaupten. Gebündelt sind hier unter anderem Hochleistungskunststoffe und Wasserstoffperoxid./mis/tav/jha/