BERLIN (dpa-AFX) - In der Kulturbranche ist es angesagt, vor verstörenden Inhalten zu warnen, die Vorurteile fördern könnten. In den USA, die dabei als Vorreiter gelten, scheint es jetzt unter Donald Trump eine Abkehr von diesen Triggerwarnungen zu geben. Ein prominentes Beispiel ist Disney
So blendet der Streamingdienst Disney+ auch in Deutschland keine Art Beipackzettel mehr ein vor seinem Zeichentrickklassiker "Dumbo" (1941), der in Teilen rassistisch anmutet. Auch bei anderen Klassikern wie "Peter Pan" (1953) oder "Aristocats" (1970) wurden die Warnungen im Vorspann entfernt.
Medienbericht: Disney ändert Diversitäts-Strategie
In der Warnung hieß es zuvor auf Deutsch: "Dieses Programm enthält negative Darstellungen und/oder eine nicht korrekte Behandlung von Menschen oder Kulturen. Diese Stereotype waren damals genauso falsch wie heute." Anstatt diese Inhalte zu entfernen, wolle man ihre schädlichen Auswirkungen aufzeigen und Gespräche anregen, um eine "Zukunft mit mehr Inklusion und ohne Diskriminierung" zu fördern.
Wer in Deutschland Disney+ im Abo hat, findet diese Ansage neuerdings nicht mehr vor den Filmen eingeblendet. Als Ersatz gibt es in den Details zum Film nur noch eine kurze Info. Sie lautet: "Dieses Programm wird in seiner ursprünglichen Fassung präsentiert und kann Stereotype oder negative Darstellungen beinhalten."
Eine offizielle Stellungnahme von Disney zu dieser neuen Vorgehensweise gibt es auf Anfrage für den deutschsprachigen Raum nicht.
Nach dem erneuten Amtsantritt von Donald Trump hat der vom Präsidenten oft als zu woke angefeindete Disney-Konzern jedoch seine DEI-Strategie geändert, wie kürzlich das Newsportal "Axios" berichtete.
"DEI" steht für "Diversity, Equity, Inclusion" (Vielfalt, Gerechtigkeit, Inklusion). DEI-Maßnahmen sollen Personen verschiedener Herkunft, Geschlechter oder auch Menschen mit Trauma oder Behinderung einbeziehen. Die Initiativen werden seit Jahren aus Trumps Republikanischer Partei kritisiert.
Der Begriff "Trigger" stammt aus der Traumatherapie
Anklänge dieses Kulturkampfs um Political Correctness und ums Woke-Sein gibt es auch hierzulande. Doch scheinen sich in Deutschland sogenannte Triggerwarnungen derzeit erst einmal noch auszubreiten.
Der Begriff "Trigger" gelangte einst aus der Traumatherapie allmählich in den allgemeinen Wortschatz. Ursprünglich meint er Reize, die unwillkürlich die Erinnerung an ein Trauma auslösen können
- oder sogar Flashbacks.
Ein Teil des Publikums fühlt sich von den Hinweisen, die sich um marginalisierte Gruppen kümmern, belehrt und bevormundet statt gebrieft und informiert. Die Gegner wittern Sprech- und Denkverbote, gar eine Beschneidung der Kunst- und Meinungsfreiheit. Die Leute seien zu sensibel, zu verletzlich, heißt es dann.
Anmerkungen zum Inhalt auch in Museen
Im deutschsprachigen Raum liegen in der Kulturwelt Warnungen vor bestimmten Inhalten im Trend - manchmal auch überraschend an Stellen, bei denen viele das erst mal nicht erwarten würden. Beispiel: die Ausstellung "Uderzo - Von Asterix bis Zaubertrank" im Museum für Kommunikation Berlin.
"Einzelne Namen und Darstellungen von Figuren können als Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gelesen werden", heißt es dort. Gewarnt wird, dass die Comic-Schau, die noch bis Juni läuft, "gezeichnete Gewaltdarstellungen und explizite Sprache" enthalte.
Ist das übertrieben? "Wir glauben, es ist hilfreich für unsere Besuchenden, dass wir Ausstellungsinhalte eingangs kommentieren und einordnen", sagt Dietrich Wolf Fenner vom Berliner Kommunikationsmuseum. "Diversität ist uns wichtig. Auch in unseren Wechselausstellungsthemen."
Triggerwarnungen sind üblich geworden
Auch viele Theater im deutschsprachigen Raum weisen darauf hin, dass es bei bestimmten Aufführungen rassistische Sprache, Sex- und Gewaltdarstellungen auf der Bühne gebe (vor Lärm und starken Lichteffekten wird sowieso gewarnt).
Bewegtbildanbieter versehen Material ebenfalls mit Hinweisen. In der ARD-Mediathek steht zum Beispiel bei Ekel Alfred, also der satirischen 70er-Jahre-Serie "Ein Herz und eine Seele" von Wolfgang Menge, dass es darin Passagen gebe, "die aus heutiger Sicht diskriminierend wirken können"./gth/DP/zb