Börse Frankfurt-News: "Was man auch als Nicht-Fan von Warren Buffett lernen kann"
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fondsmanager Roger Peeters outet sich als Fan des anerkanntesten Investors der Welt und begründet das in sechs griffigen Punkten.
12. Mai 2025. FRANKFURT (pfp Adisory): Zu den großen Börsen-Themen, die ich als Kolumnist seit vielen Jahren "umschiffe", zählt ganz klar das beeindruckende Lebenswerk des Warren Buffett. Aus einem einfachen Grund: Viele andere können deutlich besser über ihn schreiben. Das 1930 in Omaha, Nebraska, geborene Jahrhundertgenie des Aktienmarkts hat auch hierzulande eine unfassbar große Fan-Gemeinde. Es arbeiten alleine hier am Börsenplatz Frankfurt dutzende Kapitalmarkt-Profis, die jedes Jahr auf die HV von Berkshire Hathaway in die Vereinigten Staaten fliegen, um dem Maestro zu lauschen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Ich war niemals dort. Verglichen mit deren Passion, Interesse und Aufmerksamkeit für das mehrere Dekaden lange Wirken von Buffett und seinem Ende 2023 im biblischen Alter von 99 Jahren verstorbenen kongenialen Partner Charlie Munger, verblasse ich.
Aber vielleicht kann man es auch andersrum deuten. Vielleicht hat ein "Buffett-Laie" wie ich einen distanzierteren Eindruck oder schlicht einen anderen Blickwinkel. Deshalb breche ich anlässlich des unlängst verkündeten Rücktritts des Altmeisters mit dem eingangs genannten Vorgehen und teile nachfolgend mit, was mir an dessen Wirken imponiert. Kleiner Spoiler: Auch bei mir werden Sie nur Anerkennung finden. Alles andere würde schon an Blasphemie grenzen, bildlich gesprochen.
Denn sein Erfolg ist einfach nur imposant. Die Zahl war dieser Tage oft zu lesen und man fragt sich dennoch schnell, ob sie wirklich stimmt. Die Gesamtrendite seit seiner Übernahme von Berkshire Hathaway lag bei etwa 5,5 Millionen (sic) Prozent. Dies ist nicht nur ein tolles Lehrstück über den Zinseszinseffekt, sondern auch mein erster Punkt. Warren Buffett wurde in erster Linie für seine grandiose Leistung als Investor bewundert. Und die wird in Rendite gemessen. Punkt.
Auch den zweiten Punkt leitet man unschwer aus der Gesamtrendite von etwa 60 Jahren Wirken alleine bei Berkshire Hathaway ab: Es ist die langfristige Erfolgsformel, die er fand, einer der wichtigsten Aspekte beim Investieren. Auch wenn es stimmt, dass seine Rendite gerade in den ersten Jahrzehnten im Trend höher war als in den vergangenen 20 Jahren: Er ist Lichtjahre davon entfernt, dass man seinen Erfolg einzelnen Hypes und Booms zuordnen kann. Maßgeblich war bis zuletzt eine zeitlose Kompetenz, gute von schlechten Investments zu unterscheiden.
Diese Fähigkeit, ruhig und vergleichsweise unbeeinflusst von äußerer Unruhe seinen Weg zu gehen, ist mein dritter Punkt. Immer wenn man als Investor Fragen hört, wie man seinen Stil an aktuelle Geschehnisse und Umwälzungen wie den Zollstreit, die Corona-Pandemie, die Digitalisierung, die Dekarbonisierung und zahllose andere Veränderungen anpasst, die gerade die Schlagzeilen bestimmen, gibt es bei den Guten nur eine Antwort: gar nicht. Aus der Distanz hatte ich nie den Eindruck, dass es in Omaha irgendeine Rolle gespielt hat, wer gerade US-Präsident ist oder die Notenbank führt.
Punkt 4 geht um den Investmentansatz, den ich nicht im Detail besprechen mag. Ich wiederhole mich gerne, das können andere besser. Mir reicht zu sehen, dass Buffett stets Stock-Picker war, und das ein wirklicher. Weder spielten Benchmarkgewichtungen eine Rolle, noch der Versuch, stets den Markt zu timen. Beurteilt wurden die Geschäftsaussichten von Unternehmen und die Bewertungen der jeweiligen Aktien. Mit dem nötigen Handwerkszeug kann einem so offensichtlich viel gelingen.
Mein fünfter Punkt ist die gezeigte Demut, Bodenständigkeit und Lockerheit. Auch wenn es im Bereich der sehr erfolgreichen Hedge Fonds Manager auch Stars gibt, die es krachen lassen und die das Leben eines Popstars führen: Die bescheidene Art mit solch Details wie dem viel zitierten seit Jahrzehnten gleichen Wohnhaus finde ich sehr ansprechend. Dass einer der reichsten Menschen des Planeten es scheinbar nie für nötig hielt, sein Leben dem erreichten Reichtum anzupassen, sondern bis in die 90er Lebensjahre Spaß an der Arbeit mit Investments hatte, ist bewundernswert.
Ohne dass ich hier ansatzweise Anspruch auf Vollständigkeit erhebe, möchte ich mit folgenden Punkt als sechsten Aspekt abschließen: Mit seinen jährlichen Briefen und vielfachen pointierten Zitaten hat er die Kunst der Geldanlage greifbar auch für die Massen gemacht. Vielleicht ist es genau diese Kombination, dass jemand episch gut als Anleger ist und dennoch einfach, bildlich und griffig erklären kann, die ihn noch mal besonderer gemacht hat. Jetzt lese ich mich langsam selber so wie einer der Fans, von denen ich mich eingangs noch abgegrenzt habe, weshalb ich besser zum Ende komme: Danke Warren, für alles, was du für die globale Anlegerkultur getan hast.
Von Roger Peeters, 12. Mai 2025, © pfp Advisory
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)