Polen: Hausdurchsuchung bei Nord-Stream-Verdächtigem
WARSCHAU (dpa-AFX) - Drei Jahre nach dem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines hat Polens Inlandsgeheimdienst ABW die Wohnung eines in U-Haft sitzenden Verdächtigen durchsucht. Dies sei im Rahmen der Ermittlungen geschehen, welche die polnische Staatsanwaltschaft seit 2022 führe, sagte der Sprecher des Koordinators für die Geheimdienste laut Nachrichtenagentur PAP.
Der von Deutschland mit europäischem Haftbefehl gesuchte Ukrainer Wolodymyr Z. war in der vergangenen Woche in Pruszkow bei Warschau festgenommen worden. Ein Gericht in Polen hat eine 40-tägige Untersuchungshaft angeordnet. In dieser Zeit wollen sich die polnischen Behörden mit den Akten aus Deutschland vertraut machen. Ein Gericht wird danach über die Auslieferung entscheiden.
Ob es dazu kommt, ist ungewiss. Polens Regierungschef Donald Tusk hatte kürzlich gesagt, es liege nicht im Interesse seines Landes, den Mann anzuklagen oder an einen anderen Staat auszuliefern. Die Regierung in Warschau war von Anfang an gegen den Bau der Pipeline und warnte, diese könnte von Russland als Instrument der Erpressung missbraucht werden.
Taucher im Fokus der Ermittler
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe handelt es sich bei dem 46-jährigen Wolodymyr Z. um einen ausgebildeten Taucher, der mutmaßlich Mitglied der Gruppe war, die nahe der Insel Bornholm Sprengsätze an den Nord-Stream-Gaspipelines platzierte. Der Ukrainer soll an den erforderlichen Tauchgängen beteiligt gewesen sein. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage vor.
Der Anschlag im Herbst 2022 hatte weltweit Schlagzeilen gemacht. Mehrere Sprengungen beschädigten die beiden Pipelines so sehr, dass kein Gas mehr durchgeleitet werden konnte. Die Explosionen wurden in der Nähe von Bornholm registriert. Wenig später entdeckte man vier Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen. Durch Nord Stream 1 floss zuvor russisches Erdgas nach Deutschland, allerdings nicht mehr zum Zeitpunkt des Anschlags. Nord Stream 2 war infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine noch gar nicht in Betrieb./dhe/DP/men