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ROUNDUP/Strom-Boom: Siemens Energy erhöht Mittelfristziel erneut - Aktie hebt ab

14.11.2025
um 11:55 Uhr

BERLIN/MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Energietechnikkonzern Siemens Energy erlebt weiterhin einen Boom. Der weltweite Hunger nach Strom treibt die Nachfrage massiv an. Die Geschäfte mit Gasturbinen laufen dabei ebenso rund wie die Netztechnik. Dabei profitiert das vor wenigen Jahren noch in der Krise steckende Unternehmen auch vom KI-Boom und dem damit verbundenen Aufbau von Rechenzentren. Das Management um Konzernchef Christian Bruch erhöhte daher nun nach einem Umsatz- und Gewinnsprung im vergangenen Geschäftsjahr seine mittelfristigen Ziele erneut - und zwar deutlich. Zudem zahlt das Unternehmen erstmals seit vier Jahren wieder eine Dividende.

An der Börse sorgte dies bei Investoren für Euphorie, nachdem die Aktie am Vortag im Sog einer Verkaufswelle bei US-Tech-Werten an der Wall Street ebenfalls tief im Minus geschlossen hatte. Das Papier gewann am Freitag mehr als 10 Prozent. Im laufenden Jahr hat sich der Kurs damit mehr als verdoppelt. Auf drei Jahre gesehen fällt die Kursbilanz noch erheblich besser aus.

Analysten zeigten sich angetan: Die neuen Mittelfristziele sähen gut aus, schrieb etwa Vivek Midha von der US-Bank Citigroup. Sie hätten die bereits hohen Markterwartungen getoppt. JPMorgan-Analyst Akash Gupta sieht für den Konsens für das bereinigte operative Ergebnis nun rund 20 Prozent Luft nach oben. Die Ziele für 2028 seien "voll aufgeladen", lobte Lucas Ferhani vom Analysehaus Jefferies. Sie versprächen deutlich dynamischeres Wachstum bei höheren Margen

Konzernchef Bruch geht auch künftig von einem starken Marktumfeld aus. "Wir sehen überall auf der Welt, dass unser Portfolio in die Anforderung reinpasst, eine resiliente Energieinfrastruktur aufzubauen", sagte er am Freitag während der Bilanzpressekonferenz, die diesmal nicht in München, sondern in Berlin stattfand.

Die hohe Nachfrage, die sich in Rekorden bei Umsatz, Auftragseingang und Auftragsbestand widerspiegelt, hilft Siemens Energy dabei an mehreren Stellen: Zum einen kann das Unternehmen für seine neuen Aufträge gute Preise durchsetzen - etwas, das ihm angesichts der lang laufenden Projekte gerade in den kommenden Jahren helfen wird. Noch wichtiger für die hohen Erwartungen an die Zukunft sei aber, dass das steigende Volumen es ermögliche, Fabriken besser auszulasten und die Effizienz zu steigern, so Bruch. Und er sei zuversichtlich, dass die hohe Auslastung auch so bleibe.

Beim derzeit in aller Munde befindlichen Geschäft mit Rechenzentren im Zuge des KI-Booms warnte Bruch vor zu viel Euphorie. Es sei ein gutes Geschäft, sagte der Manager. Zwar werde der Strombedarf dort in den kommenden Jahren steigen, jedoch weiterhin nur einen Bruchteil des gesamten Strombedarfs weltweit ausmachen.

Das alles soll sich in den kommenden Jahren in deutliche Zuwächse bei Umsatz und Gewinn niederschlagen. Der vergleichbare Umsatz soll bis 2027/28 im Schnitt jährlich im hohen Zehnprozentbereich steigen, wie das Unternehmen bereits am Donnerstag nach Börsenschluss mitteilte. Bislang hat das Management ein Wachstum im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich auf dem Zettel. Dabei ausgeklammert sind Währungs- und Portfolioeffekte. Die bereinigte Ergebnismarge soll dann 14 bis 16 Prozent erreichen. Geplant waren bislang zehn bis zwölf Prozent. Die neue Prognose liegt über den bisherigen Erwartungen der Analysten, die im Schnitt von 13,5 Prozent Marge ausgehen.

Siemens Energy kann sich auf volle Auftragsbücher stützen: Im vergangenen Geschäftsjahr stieg der Auftragseingang um gut 17 Prozent auf 58,9 Milliarden Euro. Im vierten Quartal warben das Gas- sowie das Netztechnikgeschäft noch einmal deutlich mehr Neugeschäft ein. Der Auftragsbestand legte daher per Ende September um gut 12 Prozent auf 138 Milliarden Euro zu. Um die Bestände abzuarbeiten, erhöht Siemens Energy derzeit seine Kapazitäten - auch in Deutschland.

Im neuen Geschäftsjahr 2025/26 geht Siemens Energy von einem vergleichbaren Umsatzwachstum von elf bis 13 Prozent aus und damit von einem leicht niedrigeren Wachstum als im Vorjahr, als 15,2 Prozent Plus erreicht wurden. Die bereinigte Marge soll von 6,0 Prozent auf 9 bis 11 Prozent zulegen.

Getragen werden soll das Umsatz- und Ergebniswachstum weiterhin vom Gas- und Netztechnikgeschäft, die beiden Bereiche sollen dabei stärker zulegen als der Gesamtkonzern. Gebremst wird die Entwicklung weiterhin vom Windturbinengeschäft Gamesa, welches nach erneuten Verlusten im vergangenen Geschäftsjahr 2025/26 bei der bereinigten Marge die Gewinnschwelle erreichen soll.

Bruch erklärte, sich dort weiter auf eine Wende zum Positiven konzentrieren zu wollen. Der Manager warnte angesichts des zuletzt vor allem in den USA wieder stärker in den Mittelpunkt rückenden Geschäfts mit fossilen Energieträgern davor, die Windkraft bereits abzuschreiben. Insbesondere im Geschäft mit Meeresturbinen sieht er weiter großes Potenzial.

Unter dem Strich soll deutlich mehr übrig bleiben als im Vorjahr: Nach Steuern dürfte der Gewinn von 1,7 Milliarden auf drei bis vier Milliarden Euro steigen. Damit lässt Siemens Energy die Krise endgültig hinter sich. So hatte das Unternehmen in den Jahren davor hohe Verluste verdauen müssen, insbesondere mit dem Windkraftgeschäft.

Von der guten Entwicklung dürfen nun auch wieder die Aktionäre profitieren. Der Konzern will für das vergangene Geschäftsjahr wieder eine Dividende zahlen, nachdem er im Juni staatliche Garantien des Bundes vorzeitig abgelöst hatte. Vorgeschlagen werden 0,70 Euro je Aktie. Zuletzt hatte Siemens Energy für das Geschäftsjahr 2021 eine Dividende gezahlt: 0,10 Euro je Aktie./nas/tih/he/jsl/mis

Siemens Energy AG

WKN ENER6Y ISIN DE000ENER6Y0