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Deutsche Börse-News: "Verunsicherung ist zurück" (Anleihen Marktbericht)

14.11.2025
um 14:10 Uhr

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Dass eine Zinssenkung in den USA im Dezember doch noch nicht ausgemacht ist, belastet die Anleihemärkte. Beunruhigende Nachrichten kommen zudem aus Großbritannien. Und am Markt für Mittelstandsanleihen geht es sehr volatil zu.

14. November 2025. FRANKFURT (Deutsche Börse). Zwar ist der Shutdown in den USA beendet, doch die Sorgen um eine KI-Blase sind zurück. Zudem scheint eine Zinssenkung in den USA im Dezember nun unsicherer. Schon auf der letzten US-Notenbanksitzung im Oktober hatte sich Notenbankchef Powell zurückhaltend bezüglich einer weiteren Zinssenkung in diesem Jahr gezeigt. "Nun sprang ihm neben anderen FOMC-Mitgliedern Susan Collins bei, die eine hohe Hürde für einen Lockerung im Dezember sieht", berichtet Helaba-Analyst Ulrich Wortberg.
Die Markterwartungen einer Zinssenkung sind dementsprechend gesunken. Die Anleihekurse fielen, die Renditen stiegen - auch hierzulande. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt am Freitagmittag bei 2,71 Prozent nach 2,66 Prozent vor einer Woche.

Ausverkauf in Großbritannien

Für Schlagzeilen sorgt am heutigen Freitag allerdings vor allem Großbritannien. "Die Renditen britischer Staatsanleihen sind massiv gestiegen, das britische Pfund hat stark verloren", berichtet Arthur Brunner von der ICF Bank. Der Auslöser: Großbritanniens Finanzministerin Rachel Reeves hat ihre Pläne zur Erhöhung der Einkommensteuersätze verworfen. Nun ist unklar, wie das Einnahmendefizit ausgeglichen werden soll.

Mittelstandsanleihen: "Die Märkte sind sehr nervös"

Sehr starke Bewegung gab es diese Woche Brunner zufolge bei Mittelstandsanleihen. "Die Märkte sind sehr nervös", beschreibt er die Lage. Zeitweise sehr deutlich nach unten ging es für hep solar projects (DE000A351488) und hep global (DE000A3H3JV5). "Konkrete Nachrichten dazu fehlen aber", bemerkt er.

Anders ist der Fall bei Noratis, Pandion und Paragon. Der Vorstand des Eschborner Wohnimmobilienentwickler Noratis hat ein umfassendes Restrukturierungskonzept beschlossen und die am Dienstag dieser Woche fällige Zinszahlung für die 2029 fällige 5,5 Prozent-Unternehmensanleihe (DE000A3H2TV6) ausgesetzt. Außerdem strebt Noratis eine Reduzierung des Nennbetrags an. Nach 56 Prozent wird der Bond jetzt nur noch zu 27 Prozent gehandelt.

Ebenfalls steil nach unten ging es für Autozulieferer Paragon. "Paragon plant eine Laufzeitverlängerung der 2027 fälligen 6,75 Prozent-Anleihe (DE000A2GSB86) um vier Jahre", erläutert Brunner. Geplant seien zudem weitere Anpassungen der Anleihebedingungen, darunter eine Zinspause für die 2026 fälligen Zinsen. Der Kurs fiel von rund 64 auf 34 Prozent.

Starke Ausschläge in beide Richtungen verzeichnete Pandion. Das Kölner Immobilienunternehmen strebt eine Verlängerung seiner 2026 fälligen 5,50 Prozent-Anleihe (DE000A289YC5) bis August 2028 zu angepassten Konditionen an, wie Brunner berichtet. Vorgesehen sei unter anderem eine Erhöhung des Zinssatzes auf 8 Prozent.
Ein Gegenbeispiel ist Katjes International mit seiner bis 2028 laufenden Anleihe mit 6,75 Prozent-Kupon (NO0012888769). Die wird aktuell zu 104,60 Prozent gehandelt. "Katjes ist immer gesucht", stellt Brunner fest.

Würth mit Abgaben, Formycon stabilisiert

"Ständig verkauft" wird laut Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank die Anleihe von Würth Finance mit Laufzeit bis 2030 und Kupon von 2,125 Prozent (XS2480515662). Stabilisiert habe sich mit der Bestätigung der Jahresziele Formycon mit Fälligkeit 2029 (NO0013586024). "Im Vorfeld der Zahlen ist der Kurs kräftig unter Druck gekommen. Seitdem die Zahlen veröffentlicht sind, bewegt sich der Kurs eher seitwärts", meldet Daniel.

Staatsanleihen nicht immer "sicherer Hafen"

Immer mehr Konzerne in Industrieländern gelten mittlerweile als stabiler als ihre Regierungen, wie Bloomberg meldet. "Anleger verlangen inzwischen für Anleihen von Microsoft, Airbus, L?Oreal und Siemens geringere Renditen als für die Staatsanleihen ihrer Herkunftsländer", heißt es. Seit der Pandemie hätten viele Unternehmenschefs mit gestiegenen Zinsen umzugehen gelernt, Ausgaben gesenkt und Schulden abgebaut. Gleichzeitig gäben die Regierungen wohlhabender Länder weiter viel Geld aus. Der Status als sicher geltender Hafen schwindet - vor allem in den USA.

Von Anna-Maria Borse, 14. November 2025 © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)