Berlin (Reuters) - Audi-Chef Rupert Stadler muss in der VW-Abgasaffäre Insidern zufolge ein weiteres Mal vor internen Ermittlern aussagen.
Stadler werde ein zweites Mal von Anwälten der US-Kanzlei Day befragt, sagten zwei mit den Vorgängen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. Sie bestätigten damit in diesem Punkt einen Vorabbericht des "Spiegel". Anlass der Befragung ist den Insidern zufolge ein Bericht der "Bild am Sonntag" (BamS) vom vergangenen Wochenende. Der Zeitung zufolge hat die kalifornische Umweltbehörde Carb im Sommer eine weitere Schummelsoftware bei Audi entdeckt, die auch bei Fahrzeugen in Europa eingesetzt wurde und CO2-Werte manipulierte. Für die Anwälte gebe es dazu noch Informationsbedarf, sagte ein Insider. Weder Audi noch Volkswagen wollten sich äußern.
Ein ehemaliger Audi-Manager bestätigte Reuters die Existenz der Software. Demnach hat die VW-Tochter bereits vor dem Jahr 2012 ein Programm entwickelt, das die Lenkradstellung mittels Sensoren erkennt und die Wirkung hat, den CO2-Ausstoß bei Tests zu verringern.
"BamS" hatte berichtet, Audi-Modelle mit einem bestimmten Automatik-Getriebe könnten erkennen, ob sie auf einem Rollenprüfstand seien oder auf der Straße führen. Werde das Lenkrad nach dem Start nicht bewegt, aktiviere sich ein Schaltprogramm für das Getriebe, das besonders wenig CO2 produziere. Andernfalls laufe das Fahrzeug mit einem anderen Programm, das mehr Kraftstoff verbrauche und mehr CO2 ausstoße.
Das betroffene Getriebe verwende Audi bei Autos mit leistungsstarken Motoren und sei in mehreren 100.000 Fahrzeugen eingebaut worden, berichtete das Blatt weiter. Audi habe den Einsatz der Software in den Getrieben im Mai 2016 gestoppt, kurz bevor Carb die Manipulation in einem älteren Modell entdeckte. Die VW-Tochter habe in dem Fall bereits mehrere verantwortliche Techniker suspendiert.
Eine Anwaltskanzlei in den USA hat im Namen von Autobesitzern in dem Fall bereits eine Sammelklage eingereicht.
Für Audi kommen die Untersuchungen zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die VW-Tochter hatte vergangenes Jahr zugegeben, eine nach US-Recht als illegal geltende Software bei Sechszylinder-Diesel-Motoren mit drei Litern Hubraum eingebaut zu haben. Noch vor gut einer Woche hatte Bezirksrichter Charles Breyer erklärt, Audi habe bei den Verhandlungen mit den US-Behörden über eine Lösung für die 85.000 betroffenen Fahrzeuge wesentliche Fortschritte gemacht. Er sei optimistisch, dass bis Anfang Dezember eine Einigung erzielt werden könne.
Stadler war bereits im September von Jones Day befragt worden. Damals hatte der "Spiegel" berichtet, die vom VW-Aufsichtsrat beauftragen Spezialisten wollten von dem Audi-Chef wissen, wann er von dem Einsatz der verbotenen Software für die Diesel-Motorensteuerung erfahren habe. Stadler ist seit 2007 Chef der VW-Tochter.