- von Peter Maushagen
Frankfurt (Reuters) - Die Piloten der Lufthansa erhalten nach monatelangem Ringen mit der Fluggesellschaft mehr Geld.
Beide Tarifparteien nahmen am Mittwoch eine entsprechende Schlichtungsempfehlung an. Gleichzeitig wollen beide Seiten einen neuen Anlauf zur Lösung aller offenen Tarifthemen nehmen. Strittig sind hier vor allem die Früh- und Betriebsrente der Flugzeugführer. Die Chancen auf einen dauerhaften Tariffrieden ohne Streiks bei der größten deutschen Fluglinie sind ungewiss, da die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit im Gegenzug für das Lohnplus mit der Auslagerung von Flugzeugen eine große Kröte schlucken musste. "Wir fürchten, dass der Kurs der Lufthansa bei unseren Mitgliedern nicht gut ankommt", sagte ein Cockpit-Sprecher.
Mit der Einigung über das Gehalt bekommt die Lufthansa zumindest einen der vielen Streitpunkte vom Eis. Die 5400 Piloten der Airline erhielten pro Jahr gut ein Prozent mehr Geld über eine Laufzeit von gut 7,5 Jahre. Schlichter Gunter Pleuger hatte seit Mitte Januar mit den Tarifparteien Kompromisslinien ausgelotet und Ende voriger Woche seinen vertraulichen Lohnvorschlag vorgelegt. Cockpit hatte ab 2012 rund 3,7 Prozent mehr Gehalt im Jahr gefordert. Die Lufthansa bot bei einer Laufzeit von sechs Jahren eine Lohnsteigerung von 0,7 Prozent pro Jahr an.
Im Schnitt verdienen Piloten und Co-Piloten bei der Lufthansa mit der Schichtzulage 180.000 Euro im Jahr. "Damit haben beide Seiten ihr einfachstes Tarifproblem gelöst", sagte Gerald Khoo, Luftfahrt-Analyst bei Broker Liberum. Die Hoffnung sei nun, das sich die Schlichtung auf anderen Gebieten wie den Vorruhestand und die Altersversorgung wiederholen lasse. Anleger sahen es ähnlich: Die Lufthansa-Aktien stiegen nach der Einigung auf den höchsten Stand seit drei Monaten. Die Papiere legten bis zu 1,6 Prozent auf 13,06 Euro zu. Damit waren sie einer der größten Dax-Gewinner.
VERHANDLUNG MIT COCKPIT STAND AUF DER KIPPE
Doch die Einigung hat noch eine zweite Seite. Die Mehrausgaben für die Gehälter von 85 Millionen Euro im Jahr müssten an anderer Stelle eingespart werden, sagte Lufthansa-Personalchefin Bettina Volkens. "Ohne eine Kompensation in anderen Tarifverträgen müssen wir daher den Weg einer veränderten Flottenplanung gehen." Etwa 40 bestellte Maschinen, die eigentlich unter der Kernmarke Lufthansa fliegen sollten, würden nun bei anderen Töchtern wie Eurowings eingesetzt, wo die Arbeitskosten im Cockpit niedriger seien. Nach Aussagen von zwei mit der Sache vertrauten Personen war der Punkt nicht Bestandteil der Schlichtungsempfehlung von Pleuger, sondern wurde von der Lufthansa in letzter Sekunde auf den Tisch gelegt. Die Verhandlungen mit Cockpit wären deshalb beinahe gescheitert. Doch die Gewerkschaft benötigte für die Mitglieder nach fünf Jahren ohne Lohnplus wieder einen Verhandlungserfolg.
Auch über eine neue Airline wird in der Frankfurter Zentrale diskutiert. "Man kann auch über eine Lufthansa-nahe Neugründung nachdenken. Da darf man dann vielleicht nicht Lufthansa draufschreiben, aber sicher etwas Ähnliches", hatte Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister vor zwei Wochen gesagt. Lufthansa schrumpft in ihrer Kernmarke bereits seit drei Jahren, weil viele Strecken auf die Billigtochter Eurowings übergingen.
COCKPIT - ZUSTIMMUNG FÜR UNS SCHMERZLICH
Für die Piloten ist das ein Graus. "Die Zustimmung war für uns schmerzlich", sagte ein Cockpit-Sprecher. Die Mitglieder müssten in einer Urabstimmung den Kompromiss annehmen, doch angesichts der Auslagerung sei zu befürchten, dass der Unmut groß werde. Zudem sei es ein denkbar schlechter Start für die Verhandlungen über die anderen Tarifthemen. Versuche zu einer Gesamtlösung gab es schon zuvor, der jüngste scheiterte im Herbst. Und die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo warnte, dass damit auch tausende Arbeitsplätze von Boden- und Kabinenpersonal gefährdet sind.
Die Piloten streiken seit 2014 immer wieder und legten in der Zeit den 120.000 Mitarbeiter starken Luftfahrtkonzern 14 Mal lahm. Der Arbeitskonflikt zieht sich so lange hin, weil hinter den Kulissen ein Streit um den Ausbau des Billigablegers Eurowings zwischen den beiden Parteien tobt. Die Flugzeugführer fürchten, durch die neue Konkurrenz mit schlechter bezahlten Angestellten im eigenen Haus künftig erpressbar zu werden. Für Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist die schnelle Expansion von Eurowings strategisch wichtig, um der Expansion von Ryanair und Easyjet Paroli zu bieten.