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Verfassungsgericht erklärt Tarifeinheitsgesetz für rechtens

11.07.2017
um 11:01 Uhr

- von Peter Maushagen und Ursula Knapp

Karlsruhe (Reuters) - Das umstrittene Tarifeinheitsgesetz bleibt in Kraft. Das Bundesverfassungsgericht billigte das Gesetz am Dienstag grundsätzlich.

Der Gesetzgeber sei befugt, zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Tarifsystems für Bedingungen zu sorgen, die einen fairen Ausgleich ermöglichten, sagte Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof in Karlsruhe. Allerdings forderte das höchste deutsche Gericht bei einzelnen Aspekten Nachbesserungen vom Gesetzgeber.

Das Tarifeinheitsgesetz gilt seit zwei Jahren und regelt die Machtverhältnisse in Unternehmen mit mehreren Gewerkschaften. Konkret legt es fest, dass nur die Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern im Betrieb Tarifverträge mit dem Arbeitgeber abschließen kann. Spartengewerkschaften wie der Marburger Bund (Ärzte), Ufo (Flugbegleiter) und Cockpit (Piloten) sowie die große Arbeitnehmerorganisation Verdi hielten die Regel für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und klagten deshalb in Karlsruhe. Der juristische Vorstoß der insgesamt fünf Kläger wurde nun von den Richtern überwiegend abgewiesen.

VERFASSUNGSRICHTER MACHEN AUFLAGEN

Allerdings beurteilen die Karlsruher Richter eine Regelung als verfassungswidrig und verlangen Nachbesserung. Falls der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft einen anderen verdränge, müssten die Belange der unterlegenen Seite berücksichtigt werden. Hierfür müsse der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen und habe dafür bis Ende nächsten Jahres Zeit. Zudem müssten die Arbeitsgerichte das Gesetz bei Streiks so auslegen, dass es mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Auf den Weg gebracht hatte die neue Regelung Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die damit eine Spaltung von Belegschaften in immer kleinere Gewerkschaften verhindern will. Die Kläger bestritten den Vorwurf und fürchteten gleichzeitig um ihre Durchsetzungskraft in den Unternehmen, da die von ihnen ausgehandelten Tarifverträge nicht mehr automatisch Geltung hätten.

Angewandt wurde die neue Regelung noch nicht. Allerdings brodeln bereits Konflikte, etwa bei der Lufthansa-Billigtochter Eurowings. Hier streiten sich Ufo und Verdi um die Vorherrschaft bei den Flugbegleitern. Auch bei der Bahn kommt das Gesetz trotz einer Streikserie nicht zum Zug. Hier dürfen die Lokführergewerkschaft GDL und die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) unabhängig voneinander Tarifverträge mit der Bahn aushandeln.

Deutsche Lufthansa AG

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