Regierung und Wirtschaft fordern von Brasilien Reformen
Berlin (Reuters) - Bundesregierung und deutsche Industrie haben Wirtschaftsreformen in Brasilien angemahnt. Das Land sollte sich angesichts der erwarteten Rezession in diesem Jahr Gedanken machen, wie die Rahmenbedingungen für Investitionen verbessert werden könnten, hieß es am Dienstag in Berliner Regierungskreisen. Hintergrund sind die für Donnerstag geplanten bilateralen Regierungskonsultationen in Brasilia, zu denen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit mehreren Ministern anreisen wird. "Die konsequente Aufarbeitung der Korruptionsskandale... ist die zentrale Voraussetzung, um das Vertrauen von Investoren wieder zu stärken", sagte auch der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie, Ulrich Grillo, mit Blick auf den sich ausweitenden Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobas. Am Wochenende hatten Hunderttausende Brasilianer gegen die Politik von Präsidentin Dilma Rousseff demonstriert und ihren Rücktritt gefordert. Brasilien leidet derzeit unter einer schrumpfenden Wirtschaft und einer sehr hohen Inflation.Der BDI mahnte vor allem eine schnelle Wiederaufnahme der Gespräche über ein Doppelbesteuerungsabkommen an. Auch ein Abschluss des Handelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsblocks Mercosur sei wichtig. "In den Verhandlungen zwischen der EU und Mercosur muss es bis Ende dieses Jahres Marktzugangsangebote geben", forderte Grillo. In der Bundesregierung wurde darauf verwiesen, dass die Kosten im Energiebereich sehr stark gestiegen seien, was Investoren abschrecke. Wichtig sei zumindest ein Teilerfolg beim angestrebten neuen Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Luft- und Schifffahrt, von dem die Lufthansa profitieren könnte. Bisher weigere sich die brasilianische Regierung bei dem Thema aber, eine auch mit OECD-Standards vereinbare Verteilung des Steueraufkommens zwischen beiden Staaten zu akzeptieren, hieß es in der Bundesregierung. Ein Problem sei zudem die Benachteiligung ausländischer Firmen bei öffentlichen Ausschreibungen, bei denen angesichts einer "Buy- Brasilian"-Regel oft teurere einheimische Firmen den Zuschlag erhalten könnten. In der Umwelt- und Entwicklungszusammenarbeit werde es wohl Abschlüsse in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro geben, hieß es in Berlin weiter. Milliardenverträge deutscher Unternehmen am Rande des Merkel-Besuchs seien allerdings nicht geplant.