Berlin (Reuters) - Trotz des Votums der Berliner für eine Offenhaltung des Innenstadt-Flughafens Tegel hat sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller für eine Schließung ausgesprochen.
"Tegel ist keine Zukunftsperspektive", sagte der SPD-Politiker am Montag im rbb-Inforadio. Er werde nun Brandenburg und die Bundesregierung fragen, "ob sie überhaupt bereit sind, ihre Position der letzten 20 Jahre zu verändern und einen neuen Weg zu gehen, der juristisch und finanziell abenteuerlich ist". Beim Volksentscheid hatten gut 56 Prozent dafür gestimmt, den Airport auch der Eröffnung des geplanten Großflughafens BER weiter zu betreiben. Die Berliner FDP, die den Volksentscheid forciert hatte, sprach von einem klaren Auftrag an Müller, das Votum umzusetzen.
Dieses ist allerdings nicht bindend. Zudem sind auch Brandenburg und der Bund als Anteilseigner der Flughafengesellschaft gefragt und müssten zustimmen. Brandenburg ist ebenfalls gegen den Tegel-Weiterbetrieb, eine neue Bundesregierung muss sich erst bilden. Der amtierende Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte sich zwar wegen der sich abzeichnenden Kapazitätsprobleme am BER indirekt für die Offenhaltung von Tegel ausgesprochen. Offiziell hielt die Bundesregierung aber ebenso wie Berlin und Brandenburg an dem von allen gefassten Beschluss fest, dass Tegel spätestens sechs Monate nach Aufnahme des Betriebs am BER geschlossen wird.
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup erklärte, die Entscheidung über Konsequenzen des Votums liege bei den drei Gesellschaftern. "Das Ziel ist und bleibt, den BER bis August 2018 fertig zu bauen." Einen offiziellen Eröffnungstermin für den Großflughafen gibt es weiter nicht, da auch ein Probebetrieb umgesetzt werden solle. Beobachter rechnen mit 2019 oder 2020.
Die irische Billig-Fluglinie Ryanair, die die Kampagne Pro Tegel unterstützte, zeigte sich erfreut über den Ausgang des Volksentscheids. Ein zweiter Flughafen würde nötige Kapazitäten schaffen und so zu mehr Wettbewerb und günstigeren Preisen für die Fluggäste führen.
SCHWIERIGE LAGE FÜR BERLINER REGIERUNGSBÜNDNIS
Die Verantwortlichen im Berliner Senat sind nun in einer schwierigen Position, wie auch Müller einräumte. Der Volksentscheid kann nicht einfach ignoriert werden, die Möglichkeit einer Offenhaltung muss zuvor etwa mit Gutachten ernsthaft geprüft und Gespräche mit den Partnern geführt werden. Das Areal des Tegeler Airports ist zudem schon verplant. Im jetzigen Terminalgebäude soll eine Hochschule einziehen, auf dem Gelände sollen ein neues Gewerbegebiet, Wissenschafts-Institute sowie rund 9000 dringend benötigte Wohnungen in der rasant wachsenden Hauptstadt entstehen.
Maßgeblich betrieben wurde der Volksentscheid pro Tegel von der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. "Für den Regierenden Bürgermeister Michael Müller besteht jetzt ein unmissverständlicher Auftrag, die rechtlich mögliche Offenhaltung von Tegel mit Respekt und Nachdruck umzusetzen", sagte Fraktionschef Sebastian Czaja. Die AfD sprach von einer "deutlichen Klatsche für den rot-rot-grünen Senat, der gegen jede Vernunft die Schließung des Flughafens durchsetzen will".