Reuters

ProSiebenSat.1-Chef zementiert zum Abschied seine Strategie

06.12.2017
um 16:26 Uhr

- von Jörn Poltz

München (Reuters) - Der scheidende ProSiebenSat.1-Chef drückt dem Fernsehkonzern noch einmal seinen Stempel auf und bekommt dafür Applaus vom Aufsichtsrat.

Vorstandschef Thomas Ebeling, der das Unternehmen im Februar verlässt, präsentierte am Mittwoch Strategie und Finanzziele für die kommenden Jahre. Mit einem erneuten Konzernumbau soll die aus seiner Sicht bewährte Verknüpfung von Sendern, Produktionsgeschäft und Internetangeboten zementiert werden. Aufsichtsratschef Werner Brandt machte bei dem gemeinsamen Auftritt vor Investoren deutlich, dass Ebelings Erbe Bestand haben soll: "Diese Strategie wird die Wettbewerbsfähigkeit von ProSiebenSat.1 stärken und erhalten."

Börsianer zeigten sich erfreut. Die Aktie war mit einem Plus von 2,5 Prozent größter Gewinner im Leitindex Dax. "Wenn das Management nur die Hälfte dessen abliefert, was es verspricht, sollte sich die Aktie am Ende erholen", erklärte ein Analyst. Seit Jahresbeginn haben die Titel rund ein Viertel ihres Wertes verloren - auch, weil wichtige Geschäftsziele verfehlt wurden.

Ebeling, der die Sendergruppe in den vergangenen Jahren erst zu einem beispiellosen Aufstieg führte und dann mehrfach Anleger, Kunden und Zuschauer verärgerte, hatte im November überraschend seinen vorzeitigen Rückzug angekündigt. Ein Nachfolger ist noch nicht gefunden. Ebeling verschätzte sich zuletzt wiederholt bei der Entwicklung der TV-Werbeerlöse als wichtigster Einnahmequelle. Und erst vor kurzem löste er mit einer Äußerung über die eigenen Zuschauer Empörung aus: "Es gibt Menschen, die ein bisschen fettleibig sind und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf der Couch sitzen, sich zurücklehnen und wirklich gerne unterhalten werden."

Ebeling hatte damit auf kritische Einwände gegen seinen Glauben an die Zukunft des klassischen Fernsehens reagiert. Wiederholt sah er sich mit dem Vorwurf konfrontiert, er wappne ProSiebenSat.1 nicht gegen eine massenhafte Abwanderung der Zuschauer zu Online-Videodiensten wie Netflix. Dieser Trend setzt der Fernsehbranche vor allem in den USA zu.

"FERNSEHEN IST VIEL STÄRKER, ALS SIE GLAUBEN"

Auf dem Kapitalmarkttag am Mittwoch zitierte Ebeling nun Marktstatistiken, wonach diese Online-Konkurrenz in Deutschland kaum eine Rolle spiele. "Natürlich wäre das Leben einfacher ohne Youtube, Netflix und all den anderen", sagte Ebeling. Er betonte aber auch: "Fernsehen ist viel stärker, als die meisten von Ihnen glauben." TV sei trotz aller Unkenrufe das Werbemedium mit der weitaus größten Durchschlagskraft. Zuschauer säßen seit Jahren unverändert fast vier Stunden täglich vor dem Fernseher, während die Online-Videonutzung nur einen Bruchteil dieser Zeit ausmache.

Die Rolle der eigenen Sender will ProSiebenSat.1 mit einem Ausbau der Produktionssparte und der Internetportale stärken, wie der neue Finanzvorstand Jan Kemper erläuterte. Der 37-Jährige war im August vom Online-Händler Zalando zu dem TV-Konzern gekommen. Zum Jahreswechsel soll die Zahl der Sparten nach anderthalb Jahhren von vier wieder auf drei verringert werden.

Die im August angekündigte Zusammenlegung der schwächelnden Fernsehsender mit der defizitären Online-Videothek Maxdome solle die Kosten bis 2020 um mehr als 50 Millionen Euro senken, sagte Kemper. Zugleich werden das TV-Produktionsgeschäft und die boomenden Internetportale hübsch für Partnerinvestoren[nL8N1NM6LN] gemacht, die das Wachstum beflügeln sollen - auch durch gemeinsame Zukäufe. Einen Abschluss der Gespräche mit Investoren für das Online-Geschäft erwartet ProSiebenSat.1 im zweiten Quartal des kommenden Jahres, für das Produktionsgeschäft nannte der Konzern keinen Zeitplan.

Zu den erwarteten Wachstumsraten äußerte sich ProSiebenSat.1 vorsichtig: Der Jahresumsatz werde mittelfristig um einen mittleren einstelligen Prozentsatz zulegen und bis 2022 um mehr als eine Milliarde Euro steigen. Größere Zukäufe seien dabei noch nicht berücksichtigt.

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