Düsseldorf (Reuters) - Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am Mittwoch über eine für Millionen Strom- und Gaskunden wichtige Frage verhandelt: Rund 1100 Netzbetreiber wollen nicht hinnehmen, dass ihre Investitionen in die Anlagen künftig mit niedrigeren Zinsen vergütet werden als bislang.
Dies hatte die Bundesnetzagentur beschlossen. Dagegen haben unter anderem die Netzbetreiber Amprion, 50Hertz und Open Grid Europe sowie diverse Stadtwerke geklagt. Ein vom OLG beauftragter Gutachter äußerte in der Verhandlung Zweifel an der Methodik der Behörde bei der Berechnung der Renditen. Verbraucherschützer wiederum halten die Renditen für hoch genug, um die Modernisierung der Energienetze sicherzustellen. Eine Entscheidung will das Gericht am 22. März verkünden.
Die Zinssätze werden von den Betreibern als Netzkosten veranschlagt, den Energieversorgern in Rechnung gestellt und von diesen an die Verbraucher weitergereicht. Die Netzkosten machen bei den Haushaltskunden rund ein Viertel des gesamten Preises aus, insofern wäre ein Erfolg der Klagen ein Rückschlag für die Strom- und Gaskunden. Mehr als 100 Vertreter von Unternehmen und Rechtsanwälten füllten am Mittwoch den Gerichtssaal. "Eine solch große Teilnahme hatten wir noch nie", sagte der Vorsitzende Richter Wiegand Laubenstein. Gegen eine Entscheidung des Gerichts kann Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingereicht werden.
Gutachter Martin Jonas von der Wirtschaftsprüfungsfirma Warth & Klein Grant Thornton äußerte sich skeptisch zur Methodik der Bundesnetzagentur. Er verstehe, dass der Regulierer versuche, feste Regeln anzuwenden. "Starre Schemata sind gefährlich", wandte der Experte aber ein. Die von der Netzagentur zugesagte Rendite für Neuanlagen von 5,64 Prozent nach Steuern sei "grenzwertig niedrig". In dem Gutachten würden 6,27 Prozent empfohlen.
Die Bundesnetzagentur hatte beschlossen, dass für die Betreiber von Strom- und Gasnetzen die Eigenkapitalzinssätze für Neuanlagen - vor Steuern gerechnet - auf 6,91 Prozent von 9,05 Prozent gekürzt werden und auf 5,12 Prozent von 7,14 Prozent für Altanlagen. Die Regelungen gelten für Gasnetze von 2018 bis 2022 und für Stromnetze von 2019 bis 2023. Ein Prozentpunkt macht dem Gericht zufolge für den Zeitraum von fünf Jahren ein Volumen von rund einer Milliarde Euro aus. Verbraucherschützer kritisierten die Klagen. Sie seien nicht nachvollziehbar, erklärte der Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft, Robert Busch. "Für Investoren sind Anlagen in Energienetze beim vorgesehenen Zinsniveau mehr als attraktiv, zumal es sich um ein Monopolgeschäft mit geringem Risiko handelt".