Wien (Reuters) - Der österreichische Faserhersteller Lenzing hat bei seinem geplanten millionenschweren Geschäftsausbau in den USA die Reißlinie gezogen und damit seine Anleger verschreckt.
Die Aktie brach am Donnerstag zeitweise um mehr als 15 Prozent auf 88 Euro ein. Das war der niedrigste Stand seit über zwei Jahren. Als Grund für den Investitionsstopp nannte Lenzing mögliche US-Importzölle und konjunkturelle Risiken. Zudem wurden höhere Baukosten infolge des boomenden US-Arbeitsmarktes befürchtet. Marktteilnehmer begründeten den Kurssturz damit, dass Analysten nun ihre Gewinnerwartungen nach unten schrauben müssten. "Das ist das erste Mal, dass das Management nicht geliefert hat", sagte ein Börsianer.
Wegen der starken Nachfrage nach der Spezialfaser Lyocell, die vor allem von der Textilindustrie eingesetzt wird, hatte Lenzing geplant, seine Kapazitäten in Mobile im Bundesstaat Alabama zu erweitern. Die Fasern werden etwa in hochwertigen Jeans oder Dessous eingesetzt, aber auch für Bettwäsche oder Matratzenbezüge verwendet. Die geplanten Investitionskosten für die USA wurden mit 275 Millionen Euro beziffert. Stattdessen will sich Lenzing nun auf den Geschäftsausbau in Prachinburi in Thailand konzentrieren.
Das Projekt in den USA werde aber nicht aufgegeben, sondern regelmäßig überprüft, erklärte der Konzern. Allerdings werde man nun neben der Kapazitätserweiterung um 25.000 Tonnen in Heiligenkreuz im Burgenland 2019 und 2020 "keine wesentlichen zusätzlichen Lyocellfaser-Mengen auf den Markt bringen". Die Umsetzung der Expansionspläne werde sich dadurch verlangsamen. Der Geschäftsausbau bei anderen Spezialprodukten bleibe aber auf Kurs.
Lenzing hatten den Kapazitätsausbau in den USA Ende 2016 angekündigt. Durch den Bau einer neuen Tencel-Faseranlage sollten die Kapazitäten um 90.000 Tonnen erhöht werden. Das Unternehmen hatte es sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 den Anteil an Spezialfasern auf die Hälfte des Konzernumsatzes zu steigern. Insgesamt verfügte Lenzing Ende 2017 weltweit über Produktionskapazitäten von 347.000 Tonnen pro Jahr. Für den US-Standort sprachen damals etwa die niedrigen Energiekosten. Von Alabama aus sollte nicht nur der US-Markt, sondern auch Asien beliefert werden.