- von Caroline Valetkevitch
New York (Reuters) - Immer mehr Investoren rechnen wegen der Konjunkturabschwächung in China und den weltweiten Handelskonflikten mit schrumpfenden Ergebnissen bei US-Firmen.
Die bange Frage lautet: Wird es in diesem Jahr vielleicht sogar zu einer "Gewinn-Rezession" kommen. Von einem solchen Phänomen sprechen Börsianer, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen die Gewinne im Schnitt niedriger ausfallen als vor Jahresfrist. "Sie können wetten, dass das auf dem Radar ist", sagt etwa Hugh Johnson, Investmentchef der Beratungsfirma Hugh Johnson Advisors. Insbesondere Apples enttäuschender iPhone-Absatz in China habe diese Ängste geschürt.
Bereits vor Apples Hiobsbotschaft vergangene Woche hatten Analysten ihre Schätzungen für die Firmenergebnisse 2019 deutlich zurückgenommen. Nachdem sie Anfang Oktober noch mit einem Gewinnanstieg von durchschnittlich mehr als zehn Prozent gerechnet hatten, gingen sie zuletzt nur noch von plus 6,8 Prozent aus. Für die erste Jahreshälfte wird sogar noch ein deutlich langsameres Wachstum erwartet. Das liegt vor allem daran, dass Unternehmen aus dem Technologiesektor ihre Vorhersagen eingestampft haben. Auf den Bereich entfällt rund ein Fünftel der Gewinne der im US-Börsenindex S&P-500 notierten Firmen.
TECHNOLOGIESEKTOR SCHWÄCHELT
Außer von Apple kamen zuletzt auch schlechte Nachrichten von Samsung und LG Electronics. Sie gaben für das vergangene Vierteljahr deutliche Rückgänge des Betriebsgewinns bekannt - wohl auch wegen der schwächeren Wirtschaftsentwicklung in China. Vor allem Apple habe der Angst vor einer "Gewinn-Rezession" neue Nahrung gegeben, sagte der Chef vom Finanzdienstleister Horizon Investment Services, Chuck Carlson.
Außer für die Energiebranche, der die niedrigen Ölpreise zu schaffen machen, schraubten Experten vor allem ihre Gewinnerwartungen für den Technologiesektor merklich zurück. Im entsprechenden Index S&P 500 Tech notierte Firmen dürften in den ersten drei Quartalen im Schnitt sinkende Ergebnisse präsentieren, wie aus Daten des Informationsdienstleisters Refinitiv hervorgeht. 2018 konnte die Technologiebranche noch Gewinnzuwächsen von mehr als einem Fünftel vorweisen. Dazu trugen auch die Steuersenkungen von US-Präsident Donald Trump bei, die 2018 für einen positiven Sondereffekt sorgten.
Angesichts der weiter robusten US-Konjunktur halten viele Aktienstrategen eine "Gewinn-Rezession" im neuen Jahr aber für sehr unwahrscheinlich. Seit 1968 gab es das Phänomen Refinitiv-Daten zufolge bei den S&P-500-Firmen zehn Mal. Die längste "Gewinn-Rezession" fiel in die Zeit der Finanzkrise. "Gewinn-Rezessionen sind außerhalb einer Wirtschafts-Rezession sehr selten", sagt der Chef des Vermögensverwalters Fiduciary Trust, Hans Olsen. "Ich glaube nicht, dass wir eine weitere Gewinn-Rezession haben werden, aber es fühlt sich vielleicht wie eine Rezession an."