- von Andreas Rinke
Berlin (Reuters) - Bund und Länder erwägen angesichts eines neuen Höchstwerts an Corona-Toten in Deutschland jetzt doch bereits eine Verlängerung der Auflagen.
Bei den Beratungen zwischen den 16 Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel am Mittwochnachmittag dürfte es um ein Signal gehen, dass die Schließung von Gastronomie und Hotels bis in den Januar hinein andauern werde, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Teilnehmerkreisen. "Es wird nicht schnell zu Lockerungen kommen", sagte auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer im ZDF. "Auch in den Januartagen kann es so weitergehen." In Sachsen, dem Land mit dem stärksten Anstieg an Corona-Neuinfektionen, gelten mittlerweile in allen Landkreisen Ausgangsbeschränkungen.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Mittwoch 17.270 Neuinfektionen innerhalb der letzten 24 Stunden, das sind rund 1350 weniger als am Mittwoch vor einer Woche. Die Zahl der Corona-Toten innerhalb eines Tages stieg auf einen neuen Höchstwert von 487. Die Krankenhäuser seien "extrem belastet", sagte Sachsens Ministerpräsident. Die Zahl der von Corona-Patienten belegten Intensivbetten in Deutschland und der Toten steigt seit Tagen. Beide Zahlen folgen der Zahl der Neuinfektionen zeitverzögert, weil schwere Krankheitsverläufe sich meist erst nach zwei Wochen zeigen. Die Sieben-Tage-Inzidenz - die Ansteckungsrate pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen - lag laut RKI am Mittwoch bei 134, angestrebt von Bund und Ländern wird ein Wert von unter 50.
Bund und Länder hatten am 25. November Einschränkungen bis zum 20. Dezember beschlossen. Dies hat vor allem einen rechtlichen Grund: Denn nach dem Bevölkerungsschutzgesetz können Corona-Einschränkungen nur für vier Wochen verhängt werden. In dem Beschluss heißt es aber vorsorglich, man gehe davon aus, dass die Einschränkungen "bis Anfang Januar" erforderlich seien. Nun wird zwischen Bund und Ländern diskutiert, ob die Schließungen zumindest bis zum 3., 4. oder 5. Januar gelten sollten.
Sowohl Merkel als auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder haben davor gewarnt, dass die teilweise Lockerung der Kontaktbeschränkungen über Weihnachten und Silvester für einen erneuten Schub bei den Neuinfektionen sorgen könnten. Deshalb ist nach Reuters-Informationen derzeit eine weitere Beratung von Merkel und den 16 Ministerpräsidenten am 15. Dezember geplant, auf der dann Entscheidungen fallen sollen. Unklar sei aber noch, ob dies auf Ebene der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten oder den Chefs der Staatskanzleien und Kanzleramtsminister Helge Braun passieren werde.
KASSENSTURZ AM ENDE
Eine Verlängerung der von den Ländern angeordneten Schließungen heizt auch die Frage über Entschädigungen an. Mehrere Bundespolitiker haben sich dafür ausgesprochen, dass im Januar eine andere Form der Entschädigung für die Betriebe gefunden werden müsse als im November und Dezember. Die Länder wiederum lehnen die Forderung des Bundes ab, dass sie sich dann an den Kosten beteiligen sollten. Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans und Kretschmer plädierten dafür, dass man lieber am Ende einen Kassensturz machen und dann klären sollte, wer welche Schulden übernehme.
Damit die Gesundheitsämter der Lage angesichts der hohen Infektionszahlen überhaupt noch Herr werden, will die Bundesregierung nun 20.000 Soldaten für einen Einsatz bereitstellen. Das sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) der Sendergruppe RTL/ntv. "An der personellen Möglichkeit der Bundeswehr, zu helfen, mangelt es nicht." Bereits jetzt seien rund 10.000 Soldaten im Corona-Einsatz. Die Truppe bereite sich nun auch darauf vor, bei der Lagerung und Sicherung von Impfstoffen zu helfen.
Die Notfallzulassung des Impfstoffes von Biontech und Pfizer in Großbritannien treibt zudem die Debatte um eine schnelle Zulassung des Impfstoffes auch in der EU an. Auch in der EU sei nun eine schnelle Genehmigung notwendig, sagte der französische Ministerpräsident Jean Castex dem Sender BFM TV. Gesundheitsminister Jens Spahn hatte dagegen am Dienstag gesagt, dass er mit ersten Impfungen in Deutschland erst um den Jahreswechsel rechne. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erwartet, dass der Impfstoff an Silvester vorliege. Im WDR sagte er, dass Nordrhein-Westfalen zunächst rund eine Million Impfdosen bekommen werde. Bis die 18 Millionen Menschen in dem Bundesland geimpft seien, dürften aber Monate vergehen.