Wien (Reuters) - Der Wiener OMV-Konzern kann nach Ansicht des früheren Aufsichtsratschef Wolfgang Berndt nicht sofort aus der Öl- und Gasförderung aussteigen und muss eine mehrstufige Strategie fahren.
"Öl, Gas und Diesel werden noch gebraucht", sagte Berndt in einem ORF-Radiointerview am Dienstag. Die Umstellung auf alternative Antriebe gehe nicht von einem Tag auf den anderen.
Der in der OMV ausgebrochene interne Richtungsstreit zwischen der Öl- und Gasförderung auf der einen Seite und der Petrochemie auf der anderen Seite, sei keine Frage von entweder oder. "Die Kunst ist, das richtig zu balancieren", sagte der frühere Chef des Aufsichtsgremiums, der im Herbst von Ex-Borealis-Chef Mark Garrett abgelöst wurde. Klar sei, dass die globale Nachfrage nach Öl und Gas abnehmen werde. Deswegen könne dort nicht die Zukunft der OMV liegen. "Die muss liegen in dem Bereich, der sich daran anschließt, also Raffinerie, Tankstellen und Petrochemie". Der zukünftige OMV-Chef müsse daher in die Richtung passen, die durch die Übernahme des Petrochemiekonzerns Borealis eingeschlagen wurde. Der milliardenschwere Kauf einer Mehrheitsbeteiligung an Borealis im vergangenen Jahr macht die OMV zu einem führenden Anbieter von Polyolefinen.
Bei der OMV tagt heute der Aufsichtsrat, um einen Nachfolger für den scheidenden Konzernchef Rainer Seele zu finden. Einem Insider zufolge ist mit auch großer Wahrscheinlichkeit eine Entscheidung zu erwarten. Als aussichtsreichster Kandidat gilt Ex-Borealis-Chef Alfred Stern.
Die Forderung von Umweltschützern wie Greenpeace, dass die OMV, so wie viele große Ölkonzerne auch, in Erneuerbare Energien investieren soll, ergibt für Berndt strategisch wenig Sinn. "Wir haben keine Stärke in Erneuerbaren Energien. Wir sind fürchterlich auf die Nase gefallen, als wir die Windräder in Rumänien und in der Türkei gebaut haben, die wir abschreiben mussten."