München (Reuters) - Trotz der wackligen Börsen wagt sich der ehemalige Vorstandschef des Stahlhändlers Klöckner & Co, Gisbert Rühl, mit einer leeren Unternehmenshülle (SPAC) an den Kapitalmarkt.
Die von Rühl geführte GFJ ESG Acquisition will in den kommenden Tagen bis zu 150 Millionen Euro Kapital einsammeln und damit auf die Suche nach einem jungen Unternehmen aus dem Bereich nachhaltiger Technologien ("Green Tech") im Wert von 500 Millionen bis 1,5 Milliarden Euro gehen, wie GFL ESG am Donnerstag mitteilte. "Es geht um alles, was den CO2-Ausstoß reduziert", umschrieb Rühl den Fokus des SPAC ("Special Purpose Acquisition Company") im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Aus unserer Sicht ist das Thema Nachhaltigkeit noch nicht so stark abgegrast."
GFJ wäre das vierte SPAC, das in diesem Jahr an die Börse in Frankfurt geht. Zu den Initiatoren von GFJ ESG gehören neben Rühl der Investor Florian Fritsch und der frühere Chef der heute zur Münchener Rück gehörenden Software-Firma Relayr, Josef Brunner. GFJ fällt kleiner aus als die meisten SPACs, die in der Regel 300 Millionen Euro oder Dollar schwer sind. "Das ist genügend Kapital, um ein attraktives Unternehmen zu kaufen", sagte Rühl.
SPACS waren angesichts des Anlagenotstands vieler Investoren vor allem in den USA stark begehrt; inzwischen ist die Euphorie aber abgeebbt. Ein großer Teil der SPAC-Anleger - überwiegend Hedgefonds - nutzt den Zeitpunkt, wenn das Übernahmevehikel mit Leben gefüllt werden soll, zum Ausstieg. "Nach dem Hype in den USA gab es eine deutliche Ernüchterung", sagte Rühl und verwies auf Übertreibungen. "Das war auch gut und gesund. Aber wir sind überzeugt, dass es auch weiterhin SPACs geben wird, auch in Europa." Von weltweit rund 500 SPACS entfielen weniger als drei Dutzend auf Europa.
In Deutschland sind zwei SPACs bereits fündig geworden: Die Ferienhaus-Suchmaschine HomeToGo ist bei Lakestar I untergeschlüpft, 468 SPAC I steht vor der Übernahme des Hörspiel-Startups Boxine. Beim Start von 468 war Rühl schon als Aufsichtsrat dabei. Die Aktie notiert mit 11,71 Euro über dem Ausgabepreis von 10 Euro - ein Zeichen, dass die Investoren zufrieden sind. "Es geht darum, ein attraktives Zielunternehmen zu finden, das wenigstens im Kerngeschäft profitabel ist und eine glaubhafte Wachstumsperspektive hat", sagte Rühl.