Frankfurt (Reuters) - Unter den Eignern von Wintershall Dea herrscht offenbar Uneinigkeit über den geplanten Börsengang des Öl- und Gasunternehmens.
Der Chemiekonzern BASF, der 67 Prozent an Wintershall Dea hält, sei nach wie vor fest entschlossen, seinen Anteil zu veräußern, erklärte ein Sprecher am Montag. "Wir halten einen Börsengang weiterhin für den besten Weg, unseren Anteil zu vermarkten." Der mit einer Beteiligung von 33 Prozent zweitgrößte Eigner, die Investorengruppe Letter One des russischen Milliardärs Mikhail Fridman, sieht dafür aber zumindest gegenwärtig nicht den passenden Zeitpunkt und setzt auch auf Zukäufe zu Steigerung des Unternehmenswert.
"Die ausschließliche Konzentration der BASF auf einen Börsengang hindert Wintershall Dea, wertsteigernde Aktivitäten zu verfolgen, einschließlich potenziell vorteilhafter und wertsteigernder M&A-Möglichkeiten", erklärte die Investorengruppe gegenüber Reuters. BASF habe angedeutet, diese nicht zu unterstützen. "Der Vorrang des Börsengangs vor der Suche nach attraktiven Investitionen schadet dem Wert des Unternehmens." Auch sei ein Börsengang derzeit womöglich wirtschaftlich nicht attraktiv. Das Marktumfeld - auch gegenüber Vermögenswerten in Russland, wo Wintershall Gas und Öl fördert - sei nach wie vor problematisch, so dass es zu einer Bewertung kommen könnte, die das Potenzial des Unternehmens nicht widerspiegelt.
Über die Vorbehalte von Letter One, der ehemaligen Dea-Eignerin, hatte zuvor bereits die "Financial Times" berichtet. Wintershall Dea entstand 2019 aus dem Zusammenschluss der BASF-Tochter Wintershall mit dem Rivalen Dea. Der geplante Börsengang ist bereits zweimal verschoben worden, zuletzt war er eigentlich für die zweite Hälfte des vergangenen Jahres geplant. Im Juni hatten die Anteilseigner BASF und Letter One diesen aber wegen der damaligen Marktbedingungen auf Eis gelegt und erklärt, ein Börsengang werde erst nach 2021 angestrebt. Ein konkreter Zeitpunkt war seitdem nicht mehr genannt worden.
Letter One erklärte, einen Börsengang vollumfänglich zu unterstützen, wenn dieser wirtschaftlich sinnvoll sei. "Aber wir können den Ausstieg der Aktionäre nicht zur alleinigen Priorität machen und die langfristige, nachhaltige Entwicklung des Unternehmens vernachlässigen." Wintershall Dea brauche eine langfristige Ausrichtung und Investitionen. Letter One sei aber zunehmend besorgt, dass kurzfristiger Druck von Stakeholdern auf BASF die Rolle gefährden könnte, die Wintershall Dea bei der Gewährleistung einer nachhaltigen und erschwinglichen Energieversorgung spielen müsse. Die Ausschüttung von Dividenden drohe nötige Investitionen zu verhindern.
Wintershall Dea, einer der Investoren der umstrittenen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2, wollte die Äußerungen seiner Anteilseigner nicht kommentieren. BASF-Aktien verloren am Montag gegen den Trend rund ein Prozent und gehörten zu den größten Dax-Verlierern. Die Analysten von Jefferies gehen davon aus, dass sich die Eigentümerstruktur von Wintershall Dea kurzfristig nicht ändern und BASF sich auf Dividendenzahlungen oder den Schuldenabbau des Öl- und Gaskonzerns konzentrieren wird.